Hamburg/Toronto (Reuters) - Volkswagen sichert sich wichtige Batterierohstoffe für E-Autos durch eine Vereinbarung mit Kanada und plant dazu auch Beteiligungen an Minengesellschaften.
Der Wolfsburger Autokonzern unterzeichnete am Dienstag am Rande des Kanada-Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz eine Absichtserklärung über Rohstoffe. Beide Seiten wollten nun prüfen, welchen Beitrag Kanada zu den globalen und regionalen Batterielieferketten leisten könne. Auch Mercedes-Benz unterzeichnete am Rande des Kanada-Besuchs eine Absichtserklärung über eine Rohstoff-Kooperation. Sowohl Volkswagen-Chef Herbert Diess als auch Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer sind Teil einer Wirtschaftsdelegation, die sich mit Scholz und Vizekanzler Robert Habeck in Kanada aufhält.
Der VW-Konzern will für die Umstellung auf E-Autos alleine in Europa sechs Batteriezellfabriken hochziehen und benötigt dazu große Mengen an Rohstoffen. Eine weitere Batteriefabrik soll in Nordamerika entstehen. Standorte werden noch geprüft.
Scholz sagte im Beisein von Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau in Toronto, die Vereinbarung sei Beleg dafür, dass die Zusammenarbeit mit dem Verbündeten auch in der Rohstoffsicherheit vertieft werde. Andere Unternehmen sollten sich ermutigt fühlen, dem zu folgen. Der scheidende VW-Chef Diess erklärte, die Versorgung mit Batterierohstoffen und die Produktion von Vorläufer- und Kathodenmaterial mit geringem CO2-Fußabdruck werde einen schnellen Ausbau der Batteriekapazitäten ermöglichen. Dies sei ein wichtiger Hebel für die Wachstumsstrategie des Konzerns in Nordamerika.
Nach Ansicht von Technikvorstand Thomas Schmall ist Kanada mit seinem Rohstoffreichtum und der Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Quellen ein ideale Partner für Volkswagen. Dem "Handelsblatt" sagte er, Volkswagen wolle in Kanada ins Minengeschäft einsteigen, um sich Rohstoffe für die Batterieproduktion zu sichern. "Wir eröffnen keine eigenen Minen, wir wollen uns aber an kanadischen Minen und Minenbetreibern beteiligen." Ziel sei, sich Volumen und Preise durch langfristige Lieferabkommen zu garantieren, etwa im Rahmen von Gemeinschaftsunternehmens mit PowerCo.
ROCK TECH LIEFERT LITHIUM
Auch Mercedes-Benz will mit Kanada zusammenarbeiten bei Rohstoffen und Batteriezellherstellung. Ein erstes Projekt ist die geplante Liefervereinbarung mit dem deutsch-kanadischen Unternehmen Rock Tech Lithium über jährlich bis zu 10.000 Tonnen Lithiumhydroxid für Mercedes. Das Lithium werde ausschließlich von Minen bezogen, die hohe Umwelt- und Menschenrechtsstandards einhalten. Am Rock-Tech-Standort im brandenburgischen Guben wird es veredelt. Die Direktbeschaffung sei ein neuer Weg, um verantwortungsvoll an Rohstoffe für Elektroautos zu kommen, erklärte Mercedes-Technikvorstand Markus Schäfer. Die Partnerschaft mit Rock Tech soll 2026 starten.
Mit den Vereinbarungen steigen Volkswagen und Mercedes tiefer in die Rohstoffbeschaffung ein. Russlands Krieg in der Ukraine zwingt Deutschland, sich in seinen Wirtschaftsbeziehungen breiter aufzustellen. Kanadas Rohstoffreichtum gibt den Unternehmen auch die Möglichkeit, ihre Abhängigkeit von Bezugsquellen in China zu verringern.
(Bericht von Jan C. Schwartz, Ilona Wissenbach und Andreas Rinke. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)