Reuters

Kräftiges Lohnplus in der Metallindustrie

18.11.2022
um 07:42 Uhr

- von Ilona Wissenbach

Frankfurt (Reuters) - Der Tarifstreit in der Metall- und Elektroindustrie ist beigelegt. Es gebe eine Einigung über Lohnerhöhungen, teilten die IG Metall und der Arbeitgeberverband Südwestmetall im Pilotbezirk Baden-Württemberg nach der fünften Verhandlungsrunde am Freitag mit.

Vereinbart ist demnach eine Anhebung der Tarifgehälter in zwei Stufen um 5,2 Prozent ab Juni 2023 und um 3,3 Prozent ab Mai 2024. Hinzu kommt eine steuer- und abgabenfreie Pauschale von 3000 Euro, gestückelt in zwei Tranchen ausgezahlt zum März 2023 und 2024. Die Gewerkschaft setzte damit mehr durch, als angesichts der zuletzt immer stärker gestiegenen Inflationsrate gefordert, nimmt aber einen späteren Einstieg und eine lange Laufzeit von 24 Monaten inkauf. IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger nannte das Ergebnis sehr ordentlich. "Das ist unterm Strich ein Ergebnis, das in schwieriger Zeit mit viel Hadern, mit viel Ringen und heftigen Debatten zustande gekommen ist", sagte er nach zwölf Stunden Verhandlung. Im Mittel sei das über die Laufzeit von 24 Monaten eine Erhöhung um 8500 Euro einschließlich der 3000 Euro steuerfrei.

"Dieser Kompromiss ist angesichts der extrem schwierigen wirtschaftlichen Situation und der enormen Unsicherheiten sicherlich in vielen Punkten schmerzhaft und absolut an der Grenze dessen, was wir für die Mehrzahl unserer Mitglieder gerade noch für tragbar halten", erklärte der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Harald Marquardt.

ENTLASTUNG BEI GERINGER RENDITE

Die Tarifverhandlungen waren angesichts hoher Inflation und trüber Wirtschaftslage in der mit rund 3,9 Millionen Beschäftigten größten deutschen Industrie schwierig. Die IG Metall hatte im Sommer eine Erhöhung um acht Prozent bei zwölf Monaten Laufzeit gefordert. Sie begründete das mit dem Kaufkraftverlust durch die bei mittlerweile zehn Prozent liegende Inflationsrate. Die Arbeitgeber boten zunächst nur die 3000 Euro Pauschale über 30 Monate Laufzeit an. Auf eine prozentuale Erhöhung wollten sie sich nur einlassen, wenn die Gewerkschaft zu einer langen Laufzeit bereit wäre. Die Lage der Unternehmen beschrieben die Arbeitgeber viel kritischer als die IG Metall. Sie verwiesen auf viele kleinere Betriebe, die mit hohen Energie- und Rohstoffkosten schwer zu kämpfen hätten und finanziell nicht überfordert werden dürften.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft hingegen verdient die Mehrheit der Unternehmen weiterhin gut. Für die Unternehmen stehe unter dem Strich eine Kostenbelastung für die Kalenderjahre 2022 bis 2024, die für das Gros der Betriebe gerade noch tragbar sei, erklärte Marquardt weiter. "Da es einem Teil der Firmen aber schon jetzt schlecht geht, sind wir sehr froh, dass es uns gelungen ist, für diese Firmen substanzielle Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen." So können Betriebe mit einer Nettoumsatzrendite von weniger als 2,3 Prozent das schon länger bestehende tarifliche Zusatzgeld verschieben, kürzen oder streichen. Die Summe wird zugleich von 400 auf 600 Euro im Jahr erhöht. Auf eine Eskalation der Energiekrise wollen die Tarifparteien schnell und flexibel reagieren.

Die Arbeitgeber zeigten sich erleichtert, dass mit dem Tarifabschluss eine Eskalation der seit fast drei Wochen laufenden Warnstreiks vermieden wurde. Am späten Donnerstagabend seien die Gespräche fast gescheitert, sagte Südwestmetall-Verhandler Marquardt. "Mit Streiks in der jetzigen Situation ist niemandem geholfen", sagte er. "Wir haben sicher die ein oder andere Kröte geschluckt, aber auch die anderen sind nicht ohne Krötenschlucken weggekommen."

(Bericht von Ilona Wissenbach, redigiert von Bettina Cosima Larrarte. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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