Düsseldorf (Reuters) - Der Immobilien-Riese Vonovia zieht wegen der steigenden Baukosten und Zinsen die Reißleine und stoppt alle für 2023 vorgesehenen Neubauprojekte.
"Wir werden in diesem Jahr keinen Beginn von Neubau-Projekten haben. Die Inflation und die Zinsen sind enorm gestiegen und davor können wir nicht die Augen verschließen", sagte Vonovia-Vorstand Daniel Riedl der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Dienstagausgabe). Betroffen seien vor allem Planungen in Berlin und Dresden. Auch der kleinere Konkurrent LEG hält angesichts der Kosten-Explosion sein Geld zusammen - er hat Zukäufe gestoppt und will sein Neubaugeschäft abwickeln. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach forderte ein bundesweites Baukosten-Moratorium. Neue geplante Vorschriften seien etwa "einem Realitätscheck" zu unterziehen.
"Bei Objekten, die wir früher für zwölf Euro Kaltmiete pro Quadratmeter anbieten konnten, müssten wir jetzt eher Richtung 20 Euro gehen, um unsere Kosten von 5000 Euro pro Quadratmeter hereinzuholen", sagte Riedl. Diese Mieten seien in weiten Teilen Deutschlands "völlig unrealistisch". Um den bundesweiten Bedarf von 700.000 Wohnungen zu decken, seien auch Mieten von acht oder neun Euro erforderlich. Der Bund müsse eingreifen und klare Förderrichtlinien liefern und die Digitalisierung von Bauanträgen vorantreiben.
Vonovia-Chef Rolf Buch hatte im November bereits die Investitionen für den Neubau auf rund 350 Millionen Euro unter die Vorjahreswerte heruntergeschraubt und dabei auf die gestiegenen Kosten verwiesen.
Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, hatte zuletzt bereits gewarnt, dass der dringend benötigte Wohnungsneubau durch die Kostenexplosion ausgebremst werde. "Viele Projekte wurden erst einmal auf Eis gelegt oder sogar storniert", sagte er.
Die Ankündigung Vonovias sei nur die Spitze des Eisbergs, betonte Scharrenbach. Nun werde "eine bundesweite Offensive für Planungsbeschleunigung gebraucht - auch für den Wohnungsbau". Länder und Kommunen bräuchten mehr Freiheit.
(Bericht von Anneli Palmen und Matthias Inverardi, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)