Wien (Reuters) - Das österreichische Geldhaus Raiffeisen Bank International (RBI) gerät wegen seiner Geschäfte in Russland immer stärker unter Druck.
Aus Furcht vor möglichen US-Sanktionen gegen das Institut haben Investoren die RBI-Aktien am Montag aus dem Depot geworfen. Die Papiere verloren an der Wiener Börse bis zu 8,6 Prozent auf 15,04 Euro und steuerten damit auf den größten Tagesverlust seit einem Jahr zu.
Die Bank mit Sitz in Wien ist wegen ihrer Russland-Geschäfte ins Visier der US-Sanktionsbehörde geraten. Im vergangenen Monat habe das Geldhaus ein Schreiben der US-Behörde Office of Foreign Assets Control (OFAC) erhalten, bestätigte die RBI am Freitag Informationen, die die Nachrichtenagentur Reuters zuvor von zwei Insidern erhalten hatte. In dem Brief sei es um allgemeine Fragen zur Klärung des Zahlungsverkehrs und der verbundenen Prozesse und Entwicklungen im Zusammenhang mit Russland und der Ukraine gegangen, erklärte die Bank auf Anfrage. Das OFAC ist eine für die Kontrolle und Umsetzung der Sanktionen gegen Russland zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums. Ob die Untersuchung zu möglichen Sanktionen gegen die RBI führen wird, ist noch nicht klar. Die OFAC kann bei Sanktionsverstößen Geldstrafen verhängen und Verwarnungen aussprechen. Das aggressivste Sanktionsinstrument ist das Einfrieren von US-Vermögenswerten.
Bisher ist die RBI, die als zehntgrößte Bank Russlands gilt, von Sanktionen verschont geblieben. Das Schreiben der US-Behörde beunruhigt nun aber die europäischen Finanzaufsichtsbehörden, die für die Überwachung der Bank zuständig sind, wie zwei mit der Situation vertraute Personen Reuters sagten.
"Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir nicht besorgt über die Entwicklungen", sagte Erste-Group-Analyst Thomas Unger. "Es ist nicht unüblich, dass das OFAC Informationen anfordert, und ein solches Ersuchen führt nicht automatisch zu Sanktionen", ergänzte er. Allerdings zeige dies auch, dass die USA härter gegen Banken mit Russland-Verbindungen vorgehe. Die "Kauf"-Empfehlung für die RBI bleibe aber aufrecht. Exane Paribas stutzte hingegen ihre Empfehlung für die Aktie auf "neutral" von "outperform" und erklärte, die Untersuchung verringere die Chancen der RBI, ihre in Russland und Belarus "gefangenen Investitionen" zurückzubekommen.
RBI WILL VOLL KOOPERIEREN
Die RBI, die im vergangenen Jahr hohe Gewinne in Russland einfuhr, prüft seit fast elf Monaten alle Optionen bis hin zu einem Ausstieg aus dem Land. Kritik, dass die Bank unverändert in Russland präsent ist, kommt vor allem von der Ukraine, die zuletzt auch die russische Leasingtochter sanktioniert hat. Aber auch Investoren sehen die Russland-Geschäfte zunehmend kritisch. Die RBI ist neben der italienischen Unicredit die einzige ausländische Bank auf der Liste der 13 systemrelevanten Kreditinstitute des Landes. Bezüglich der Untersuchung der US-Sanktionsbehörde will die RBI voll kooperieren.
"Die vom OFAC gestellten Fragen sind allgemeiner Natur und zielen darauf ab, das Zahlungsverkehrsgeschäft und die damit verbundenen Prozesse der RBI im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Bezug auf Russland und die Ukraine zu klären", teilte eine Banksprecherin in einer schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage mit. Die Bank sei darüber informiert worden, dass die Anfrage nicht durch eine bestimmte Transaktion oder Geschäftsaktivität ausgelöst wurde. Darüber hinaus erklärte die RBI, dass die Einhaltung der Sanktionen sichergestellt werde. Die Bank habe "Überwachungs- und Überprüfungsinstrumente implementiert, um diese Richtlinien einschließlich aller anwendbaren Sanktionen einzuhalten".
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)