Reuters

G20-Treffen in Indien könnte mit Eklat enden

24.02.2023
um 14:17 Uhr

- von Christian Krämer und Aftab Ahmed und David Lawder

Bangalore (Reuters) - Am Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine hat der Krieg auch das G20-Treffen in Indien überschattet.

Dem diesjährigen G20-Gastgeber gelang es am Freitag zunächst nicht, alte Differenzen zu überwinden. Frankreich drohte das geplante Abschlussdokument zu boykottieren, sollte Russland nicht eindeutig verurteilt werden. Indien will in dem Konflikt neutral bleiben und Russland bislang nicht kritisiert sondern vielmehr die eigenen Öl-Importe aus Russland deutlich ausgeweitet.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte im südindischen Bangalore, er werde jeden Versuch blockieren, den Krieg zurückhaltender als bisher zu verurteilen. "Entweder haben wir die selbe Sprache im Abschlussdokument oder wir werden es nicht billigen." Es dürfe gegenüber den G20-Formulierungen der Staats- und Regierungschefs von Ende 2022 in Bali keine Abschwächungen beim jetzigen Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs geben, das noch bis Samstag angesetzt ist. In Indonesien wurde die Invasion scharf verurteilt. Gefordert wurde der vollständige und bedingungslose Rückzug Russlands aus der Ukraine.

Indien hat immer wieder betont, eine diplomatische Lösung anzustreben. Indischen Regierungsvertretern zufolge soll auch eine Debatte der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer über zusätzliche Sanktionen gegen Russland verhindert werden. Insider sagten Reuters, es werde darauf gedrängt, das Wort "Krieg" im geplanten Abschlussdokument nicht zu verwenden.

Russland war nicht mit hochrangigen Vertretern beim G20-Treffen vor Ort, China nur virtuell zugeschaltet. US-Finanzministerin Janet Yellen rief die Vertreter Russlands auf, sich nicht zu Komplizen des Kreml zu machen. Dieser sei für Tote und globale Probleme verantwortlich.

Laut Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Ukraine in diesem Jahr noch eine Finanzierungslücke. Zur Höhe wollte sich der FDP-Chef aber nicht äußern. Am Donnerstag hatten die G7-Gruppe der führenden Industrienationen mitgeteilt, für dieses Jahr seien 39 Milliarden Dollar bereits gesichert.

Le Maire sagte in einem Reuters-Interview, Russland allein sei für den Krieg verantwortlich, der massive Konsequenzen für die Weltwirtschaft habe durch eine hohe Inflation, Lieferkettenprobleme und Rohstoffengpässe. "Der Krieg in der Ukraine ist kein lokaler Konflikt." Europa arbeite an zusätzlichen Sanktionen, weil die russische Aggression nicht akzeptabel sei. "Die Sanktionen werden mit der Zeit zunehmend effizient sein." Zwar seien die Prognosen für die Weltwirtschaft besser als zuletzt noch gedacht. Der Krieg bleibe aber das größte Risiko.

US-VORSCHLAG FÜR WELTBANK KOMMT GUT AN

Der US-Vorschlag für die Weltbankspitze stieß bei den G20 auf Zustimmung. Demnach hat der ehemalige Mastercard-Chef Ajay Banga beste Chancen, Präsident der internationalen Entwicklungsbank mit Sitz in Washington zu werden. Banga sei ein beachtlicher Vorschlag, sagte Lindner. Er könne als Manager aus der Wirtschaft hoffentlich auch verstärkt private Investitionen mobilisieren. Ihm könne mit seinem Lebenslauf zudem ein Schulterschluss zwischen Industrie- und Schwellenländern gelingen. Die Bundesregierung verfolge die Personalie daher mit großer Aufmerksamkeit und habe Sympathie für den US-Vorschlag. Allerdings hatte sich die in der Bundesregierung zuständige Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) zuletzt für eine Frau ausgesprochen.

Le Maire nannte Banga einen guten Kandidaten. Auch Indien wird Experten zufolge Banga unterstützen. Er ist US-Bürger indischer Abstammung und derzeit Vize-Vorsitzender der Beteiligungsgesellschaft General Atlantic. Zudem arbeitet er als Co-Vorsitzender von Partnership for Central America eng mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris zusammen. Die Organisation koordiniert etwa private und öffentliche Investitionen im Norden Zentralamerikas. Banga hat durch die Nominierung mit Abstand die besten Chancen, den Weltbank-Posten zu erhalten.

Zwar können Mitgliedstaaten noch bis zum 29. März andere Bewerber für die Nachfolge von David Malpass vorschlagen. Die USA stellen jedoch traditionell den Weltbank-Chef. Malpass hat seinen Rücktritt für Ende Juni erklärt, deutlich vor dem Ende seiner Amtszeit im April 2024.

(Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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