Reuters

Oppositionsführer verhaftet - Pakistan drohen schwere Unruhen

09.05.2023
um 17:47 Uhr

- von Asif Shahzad und Gibran Naiyyar Peshimam

Islamabad (Reuters) - In Pakistan drohen nach der Festnahme des ehemaligen Ministerpräsidenten und Oppositionsführers Imran Khan schwere Unruhen.

Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) rief am Dienstag ihre Anhänger auf, das Land lahmzulegen. "Eure Zeit ist gekommen, Menschen in Pakistan. Khan hat immer für euch gestanden, jetzt ist es Zeit, für ihn zu stehen", twitterte die PTI. In Kahns Heimatstadt Lahore folgten Hunderte Anhänger dem Aufruf und blockierten Straßen, die Polizei wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt. In Quetta wurden nach Angaben der städtisschen Polizei mindestens zehn Menschen bei Zusammenstößen verletzt, darunter sechs Sicherheitskräfte. Auch in der Hafenstadt Karatschi stoppten Demonstranten den Verkehr.

Khan wurde am Dienstag vor dem Obersten Gerichtshof in Islamabad von Bereitschaftspolizisten in Schutzmontur umringt, am Arm gepackt und zu einem schwarzen Lieferwagen geführt, in dem er weggefahren wurde. Der Sender GEO TV berichtete, Kahn soll am Mittwoch vor ein Gericht für Korruptionsfälle geführt werden. Innenminister Rana Sanaullah erklärte, Khan sei von der Antikorruptionsbehörde NAB verhaftet worden, nachdem er eine Vorladung ignoriert habe. Dem Ex-Regierungschef werde unter anderem vorgeworfen, ein unter dem Vorwurf der Geldwäsche stehender Bauunternehmer hätte ihm und seiner Frau Grundstücke in einem Wert von rund 24,70 Millionen Dollar übereignet. Im Falle einer Verurteilung darf sich Khan bei den im November geplanten Wahlen nicht um ein politische Amt bewerben. Khan bestreitet die Vorwürfe.

KHAN KRITISIERTE WIEDERHOLT HOCHRANGIGE MILITÄRS

Khans Verhaftung erfolgte einen Tag, nachdem der populäre ehemalige Kricket-Star wiederholt den ehemaligen Armeechef beschuldigt hatte, hinter seiner Entmachtung zu stehen. Zudem warf er einem hochrangigen Militär vor, die Fäden bei einem gescheiterten Attentat auf ihn gezogen zu haben. Der 70-Jährige war 2022 mit einem Misstrauensvotum gestürzt worden. Seitdem kämpft er um vorgezogene Neuwahlen. Im November war er bei einer Kundgebung angeschossen worden. Khan wirft neben hochrangigen Militärs auch dem amtierenden Regierungschef Shehbaz Sharif vor, seine Ermordung in Auftrag gegeben zu haben. Beide weisen die Anschuldigung zurück.

Die offene Konfrontation zwischen dem Regierungslager und dem Militär auf der einen Seite und der Opposition auf der anderen Seite trifft Pakistan in einer ohnehin schwierigen Lage. Die Bevölkerung leidet unter der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, die Inflation hat Rekordwerte erreicht und das Wirtschaftswachstum ist schwach. Um ein Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds wird seit Monaten gestritten, obwohl die Devisenreserven kaum zur Deckung der Einfuhren eines Monats ausreichen.

Das Militär ist die mächtigste Institution des Landes. Pakistan wurde fast zur Hälfte seiner 75-jährigen Geschichte vom Militär regiert. Drei mal wurde eine Regierung von Generälen durch einen Putsch gestürzt. Khan und das Militär hatten sich 2021 nach jahrelanger enger Zusammenarbeit entzweit. Khans Gegner und viele Kritiker behaupten, dass Khan bei den Wahlen 2018 vom Militär an die Macht verholfen wurde.

(Geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)