Reuters

Kaum noch Inflation in China - Notenbank könnte Zinsen senken

11.05.2023
um 13:27 Uhr

Peking (Reuters) - Der Preisauftrieb in China ist trotz der wirtschaftlichen Erholung fast zum Erliegen gekommen und nährt Spekulationen auf Zinssenkungen.

Die Verbraucherpreise (VPI) legten im April im Jahresvergleich nur um 0,1 Prozent zu, wie aus Daten des Statistikamts NBS vom Donnerstag hervorgeht. Das ist der niedrigste Zuwachs seit Februar 2021. Zugleich sanken die Erzeugerpreise um 3,6 Prozent und damit so stark wie seit Mai 2020 nicht mehr. Die Preise ab Werkstor gelten als ein Frühindikator für die Entwicklung der Verbraucherpreise. Dass die Produzentenpreise nunmehr bereits sieben Monate in Folge gesunken sind, ist ein Alarmsignal.

Die Wirtschaft der Volksrepublik hat sich zwar im ersten Quartal von der Konjunkturdelle während der strikten Corona-Lockdowns erholt. Doch jüngste Daten zeigen, dass die Industrie auf Talfahrt gegangen ist, der Immobiliensektor weiter kriselt und die Wirtschaft somit insgesamt anfällig bleibt. Die fallenden Erzeugerpreise veranschaulichen die Schwierigkeiten vieler Produzenten im Reich der Mitte, die nach der Aufhebung der Virus-Beschränkungen im Dezember auf einen Aufschwung gehofft hatten und nun doch weiter unter mauer Nachfrage leiden.

EXPERTEN UNEINS ÜBER GELDPOLITISCHEN KURS

Die neuen Daten könnten den Druck auf die People's Bank of China (PBoC) erhöhen, die Zinsen zu senken oder mehr Liquidität ins Finanzsystem zu schleusen. Im März hatte die Notenbank den Geldhäusern bereits mehr Spielraum zur Kreditvergabe eingeräumt, indem der Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) um einen Viertelprozentpunkt gesenkt wurde. Je geringer dieser Satz ist, desto mehr Darlehen können die Geldinstitute vergeben.

Angesichts der sich abschwächenden Erholung nach der Corona-Krise werde eine Senkung der Kreditzinsen der PBoC wahrscheinlicher, meint Ting Lu, Chefökonom für China bei Nomura. Insgesamt sind sich Analysten jedoch uneins darüber, ob die Zentralbank ihre Geldpolitik weiter lockern wird. China befinde sich immer noch in einer Phase nachlassender Inflation und nicht in einer Deflation - also einer Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen, die eine Wirtschaft am Boden hält. Die Erholung der Wirtschaft nach der Wiedereröffnung könnte die Inflation im Mai nach oben treiben, meint Bruce Pang, Chefökonom bei Jones Lang Lasalle: "Das würde bedeuten, dass in naher Zukunft eine umfassende Lockerung der Geldpolitik weniger dringlich wäre."

Die chinesische Wirtschaft hatte sich im ersten Quartal nach dem Ende der strikten Corona-Politik wieder berappelt. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 4,5 Prozent zu. 2022 war die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt mit drei Prozent so langsam gewachsen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. China hat sich selbst für dieses Jahr ein Wachstumsziel von etwa fünf Prozent für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verordnet. Die kommunistische Führung in Peking will das Wachstumsmodell zugleich stärker auf die Binnenkonjunktur ausrichten und setzt dabei auf den privaten Konsum.

(Bericht von Liangping Gao and Kevin Yao, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Klaus Lauer Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)