Peking/Washington (Reuters) - Im Streit um das Verbot zur Nutzung von Speicherchips des US-Konzerns Micron in chinesischen IT-Systemen wird der Ton zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften rauer.
Das Weiße Haus kritisierte, der Vorwurf möglicher Sicherheitsrisiken basiere nicht auf Fakten. Das Pekinger Außenministerium wies darauf hin, dass die US-Regierung zahlreiche chinesische Firmen auf schwarze Listen gesetzt und mit Sanktionen belegt habe. Eine solche "wirtschaftliche Nötigung" sei inakzeptabel.
Ein einflussreicher US-Abgeordneter forderte, den chinesischen Speicherchip-Anbieter CXMT auf die Sanktionsliste zu setzen. Außerdem müsse verhindert werden, dass Firmen aus Drittstaaten die wegfallenden Micron-Lieferungen ersetzten, sagte Mike Gallagher, Vorsitzender des China-Ausschusses im US-Repräsentantenhaus. "Die USA müssen der Volksrepublik China klar machen, dass sie wirtschaftliche Nötigung gegen ihre Unternehmen oder ihre Verbündeten nicht dulden werden". Weder CXMT noch die chinesische Botschaft in Washington waren zunächst für einen Kommentar zu erreichen.
CXMT ist der führende chinesische Speicherchip-Hersteller. Allerdings hinken die Produkte Experten zufolge zwei bis drei Generationen hinter denen westlicher Anbieter wie Micron, Samsung oder SK Hynix hinterher. Die beiden Letzteren betreiben Werke in der Volksrepublik. Sie sind bislang weitgehend vom US-Verbot für den Export von Maschinen zur Chip-Herstellung nach China ausgenommen. Diese Ausnahmen sind allerdings befristet und können jederzeit widerrufen werden. Samsung und Hynix waren für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.
Micron zufolge werden die chinesischen Sanktionen den Umsatz im niedrigen bis hohen einstelligen Prozentbereich schmälern. Im vergangenen Jahr erzielte der US-Konzern Erlöse von knapp 31 Milliarden Dollar. Analysten zufolge macht Micron sein Hauptgeschäft in China mit Firmen, die dort Smartphones und Unterhaltungselektronik montieren lassen. In kritischen Infrastruktur-Produkten wie Servern würden Chips der US-Firma nur in geringem Umfang eingesetzt.
Darüber hinaus zeigen Reuters vorliegende staatliche chinesische Unterlagen, dass die Regierung bereits seit 2020 ihre Bestellungen von Micron-Speicherchips dramatisch heruntergefahren hat und seitdem verstärkt bei heimischen oder südkoreanischen Firmen ordert. Warum das der Fall war und welche Rolle die Corona-Pandemie dabei spielte, geht aus den Dokumenten nicht hervor. Der chinesische Staatsrat war für einen Kommentar hierzu zunächst nicht zu erreichen. Jedenfalls schade der Bann des US-Unternehmens der Volksrepublik nicht, sagte Alfredo Montufar-Helu, Chef der Denkfabrik The Conference Board's China Center in Peking. "Die meisten der Chips sind leicht zu ersetzen durch in China hergestellte Alternativen und für die, für die das nicht gilt, gibt es andere ausländische Produzenten."
(Bericht von Laurie Chen, Chris Sanders, Eduardo Baptista und Rami Ayyub; geschrieben von Hakan Ersen; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)