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Bundestag soll bis spätestens Mitte August Ampel-Etatentwurf bekommen

24.05.2023
um 16:22 Uhr

- von Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner will sich nicht auf einen konkreten Zeitplan zur Lösung des seit Monaten schwelenden Haushaltsstreits festlegen.

In einer rund 90-minütigen Befragung im Haushaltsausschuss des Bundestages skizzierte der FDP-Chef Teilnehmern zufolge lediglich einen groben Plan. Demnach soll das Kabinett der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP möglichst noch vor der parlamentarischen Sommerpause einen Entwurf für den Etat 2024 beschließen. Das müsste bis zur ersten Juli-Woche gelingen. Den Teilnehmern zufolge soll die Zuleitung an den Bundestag spätestens bis Mitte August erfolgen. In der ersten September-Woche könnte der Bundestag dann wie ohnehin geplant erstmals darüber im Plenum beraten.

Lindner sagte vor der Sitzung, pauschale Ausgabenkürzungen nach der Rasenmähermethode werde es nicht geben. "Das wäre nicht gestaltend." Anderslautende Spekulationen seien gegenstandlos. Es solle auch keine einseitigen Belastungen von Autofahrern oder des Mittelstands geben. Das Finanzministerium werde zeitnah den genauen Weg dem Bundestag vorstellen. Alle Koalitionspartner müssten dann ihren Beitrag leisten.

Im Haushalt für nächstes Jahr klafft eine Finanzlücke von rund 20 Milliarden Euro, die früheren Angaben zufolge noch eingespart werden muss. Es brauche nachhaltige Staatsfinanzen, weil die Inflation weiter zu hoch sei, so Lindner. Dafür müssten jetzt Prioritäten gesetzt werden. Im Gespräch ist unter anderem, den Verteidigungsetat aufzustocken. Die SPD würde auch gerne den Sozialbereich schonen.

Es sind die schwierigsten Budgetverhandlungen seit Jahren, weil die in der Corona-Pandemie und wegen der Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine nach oben geschossenen Ausgaben konsolidiert werden sollen. Die jüngste Steuerschätzung hat zudem ergeben, dass Bund, Länder und Gemeinden für die Jahre bis 2027 mit 148,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen müssen als noch im Herbst 2022 angenommen. Allein beim Bund fallen die Einnahmen um 70,2 Milliarden Euro geringer aus. Seit Monaten sind die Vorstellungen der Ampel-Parteien weit auseinander. Bislang hat Lindner - anders als sonst üblich - noch nicht einmal Eckwerte für den Haushalt 2024 vorgestellt.

BUNDESBANK BEKLAGT FEHLENDE TRANSPARENZ BEI BUNDESHAUSHALT

Zahlreiche Haushaltspolitiker aus der Opposition, aber auch aus der Ampel-Regierung kritisierten, dass Lindner zu vage geblieben ist. Die Haushälter müssten wie üblich in der Sommerpause schon anfangen können, den Entwurf durchzuarbeiten, forderte Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler. Er wehrte sich gegen eine "blinde Sparpolitik". Vor allem der Verteidigungsetat sei bereits von 2015 mit 33 Milliarden auf heute 50 Milliarden Euro angewachsen, allerdings ohne dass es zu spürbaren Verbesserungen der Leistungsfähigkeit der Bundeswehr gekommen sei. "Aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ist der Großteil bisher nicht fest verplant. Zudem bestehen weiterhin Strukturprobleme bei der Bundeswehr, insbesondere im Beschaffungswesen, die nicht durch mehr Geld zu lösen sind."

Die Grünen wehrten sich auch gegen pauschale Kürzungen. Dies sei nicht der richtige Weg, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Es gebe mit dem Abbau klimaschädlicher Subventionen ein milliardenschweres Potenzial, das Lindner heben sollte, weil dies im Koalitionsvertrag so festgelegt sei. Am ehesten sind noch die Sozialdemokraten für sogenannte globale Minderausgaben. Diese erwäge auch Kanzler Olaf Scholz, hieß es zuletzt in Regierungskreisen. Katja Mast, Parlamentarische Geschäftsführerin der Sozialdemokraten, sagte, es sei ein mögliches Instrument, aber nicht besonders innovativ und habe weitere Nachteile.

Die Bundesbank kritisierte unterdessen die Regierung. "Es wird zunehmend schwieriger, den Überblick über die Bundesfinanzen und das Zusammenspiel mit der Schuldenbremse zu wahren", heißt es im aktuellen Monatsbericht der Notenbank. "Die Transparenz hat sich verschlechtert." So halte sich der Bund zwar zugute, im laufenden Jahr die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder einzuhalten. Gleichzeitig plane er aber mit einem sehr hohen Defizit von 231 Milliarden Euro, davon allein 146 Milliarden Euro in seinen Extrahaushalten.

(Weitere Reporter: Andreas Rinke, Maria Martinez und Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)