Reuters

Drohnenangriff auf Moskau - Russland macht Ukraine verantwortlich

30.05.2023
um 11:32 Uhr

- von Guy Faulconbridge und Pavel Polityuk

Moskau/Kiew (Reuters) - Moskau ist am Dienstag mit mehreren Drohnen angegriffen worden.

Das russische Verteidigungsministerium machte die Ukraine für die Attacke am frühen Morgen verantwortlich, wie russische Nachrichtenagenturen berichteten. Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, wies eine Verwicklung seines Landes zurück, zeigte sich aber erfreut über die Angriffe. Laut dem Verteidigungsministerium in Moskau wurde die Hauptstadt mit acht unbemannten Flugobjekten angegriffen, die alle zerstört worden seien. In russischen Medien schwankten die Angaben zur Zahl der Drohnen zwischen vier und 25. Die Moskauer Behörden meldeten zwei Verletzte und leichte Schäden an Gebäuden. Präsident Wladimir Putin äußerte sich zunächst nicht. Unterdessen griff das russische Militär am Dienstag die ukrainische Hauptstadt Kiew zum dritten Mal binnen 24 Stunden an.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte: "Heute Morgen hat das Kiewer Regime einen Terroranschlag mit unbemannten Flugobjekten auf Gebäude in Moskau verübt." Fünf ukrainische Drohnen seien mit elektronischer Abwehr abgelenkt und drei weitere abgeschossen worden. Dabei sei auch das Raketensystem Panzir zum Einsatz gekommen.

Einem hochrangigen russischen Politiker zufolge wurden drei Drohnen über Teilen des Nobel-Vororts Rubljowka abgeschossen. Einer der betroffenen Wohngegenden liege nur zehn Minuten von Putins Residenz Nowo-Ogarjowo entfernt, erklärte Alexander Chinschtein. Er ist Abgeordneter der regierenden Partei Einiges Russland. Rubljowka ist ein Zusammenschluss exklusiver und gut gesicherter Wohngegenden im Westen Moskaus. Auch Ex-Präsident Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Michail Mischustin sowie viele reiche Geschäftsleute sollen Berichten zufolge dort Anwesen haben.

BÜRGERMEISTER: NIEMAND WURDE ERNSTHAFT VERLETZT

Selenskys Berater Podoljak sagte zu den Angriffen am Dienstag, selbstverständlich freue er sich darüber. "Aber natürlich haben wir damit nichts direkt zu tun", fügte er in einer YouTube-Sendung hinzu. Beim Generalstab der ukrainischen Armee blieb eine Bitte der Nachrichtenagentur Reuters um Stellungnahme zunächst unbeantwortet. Die Regierung in Kiew hat bisher keine Angriffe innerhalb Russlands bestätigt - auch nicht, als vor knapp vier Wochen zwei Drohnen über dem Kreml explodiert waren. Einem Bericht der "New York Times" zufolge halten US-Geheimdienste eine Verwicklung der Ukraine für möglich.

"Niemand wurde ernsthaft verletzt", erklärte der Bürgermeister von Moskau, Sergej Sobjanin. Einer der beiden Verletzten habe ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Einige Bewohner zweier Apartmentblöcke mussten demnach vorübergehend ihre Wohnungen verlassen. Videoaufnahmen in den sozialen Medien zeigten offenbar den Abschuss einer Drohne. Es war zu sehen, wie Rauchwolken über der Moskauer Skyline aufstiegen.

Bewohner Moskaus berichteten von lauten Knallgeräuschen in den frühen Morgenstunden, gefolgt von Benzingeruch. Russischen Medien zufolge gab es Schäden in der Nähe des Lenin-Prospekt und unweit des Wnukowo-Flughafens.

POLITIKER: SCHWERSTER ANGRIFF AUF MOSKAU SEIT 2. WELTKRIEG

In der russischen Politik wurden angesichts der Vorfälle zur Einheit aufgerufen. Der russische Abgeordnete Maxim Iwanow sprach von dem schwersten Angriff auf Moskau seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Bürger könnten die "neue Realität" nicht ignorieren. "Entweder ihr besiegt den Feind gemeinsam mit unserem Vaterland, oder die unauslöschliche Schande der Feigheit, der Kollaboration und des Verrats wird über eure Familie kommen."

Russland war vor rund 15 Monaten in die benachbarte Ex-Sowjetrepublik einmarschiert und hat das Vorgehen als Sondereinsatz gegen als gefährlich eingestufte Nationalisten bezeichnet. Die Ukraine und ihre Verbündeten sprechen dagegen von einem russischen Angriffskrieg. Bisher gibt es kaum Anzeichen für die Chance auf Frieden. Russland wirft dem Westen vor, mit seinen Waffenlieferungen an die Ukraine den Konflikt weiter anzuheizen. Wiederholt hat die russische Führung direkt oder indirekt vor einer nuklearen Eskalation gewarnt.

Der Krieg spielte sich bisher weitgehend in der Ukraine ab. Allerdings gab es laut der russischen Regierung zuletzt verstärkt Attacken auf das eigene Territorium, vor allem im Grenzgebiet zur Ukraine.

(Geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)