Reuters

Unilever schwenkt auf afrikanische Lieferanten um

31.05.2023
um 14:57 Uhr

- von Seun Sanni und Richa Naidu

(Reuters) - Globale Lieferkettenprobleme, steigende Kosten, zunehmende Währungsschwankungen ? in wirtschaftlich turbulenten Zeiten blickt der britische Konsumgüterkonzern Unilever nach Afrika und baut dort sein Netz aus lokalen Lieferanten aus.

"Über 95 Prozent der Marken, die wir an unsere afrikanischen Verbraucher verkaufen, werden in heimischen Fabriken hergestellt", sagt Reginaldo Ecclissato, Lieferkettenchef bei Unilever. Bis vor kurzem habe der Konzern, der mehr als 400 Marken von Ben & Jerry's-Eiscreme, Knorr-Tütensuppen bis zum Reinigungsmittel Domestos in seinem Angebot hat, weniger als ein Drittel der benötigten Rohstoffe aus Afrika bezogen. Heute stammen mehr als zwei Drittel der Zutaten für die in Afrika verkauften Unilever-Produkte von dortigen Produzenten.

Insbesondere Sorbitol und Gewürze, die früher aus Indien und China importiert wurden, würden jetzt verstärkt aus Ländern wie Südafrika und Nigeria bezogen. Der Kauf vor Ort ermögliche engere Partnerschaften mit den Lieferanten, Einsparungen beim Transport und eine geringere CO2-Bilanz. Wichtig sei auch, dass dadurch die für Importe benötigten Devisen reduziert werden.

"CHANCE FÜR AFRIKA"

Unilever ist bei seinem Vorstoß nicht allein. Wettbewerber wie der Schweizer Nahrungsmittelhersteller Nestle und der französische Lebensmittelkonzern Danone engagieren sich ebenfalls verstärkt auf dem afrikanischen Kontinent, sagt der auf Afrika spezialisierte Berater für Lieferketten, Tedd George. Dies sei zum Teil auf den schnell wachsenden Verbrauchermarkt zurückzuführen. Zudem wollten die Unternehmen ihre Abhängigkeit von China verringern. Nestle reagierte vorerst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme, während Danone es ablehnte, sich zu äußern.

"Was in China passiert, zwingt die Menschen dazu, Alternativen zu finden", sagt der ehemalige Danone-Manager Pierre-André Térisse, der von 2015 bis 2018 das Afrika-Geschäft des Molkereiriesen leitete. "Das ist eine Chance für Afrika", fügt er hinzu. Das sieht der 76-jährige Busari Kasali ähnlich: Er lebte einst mit der Angst, dass sein Maniok ? ein Grundnahrungsmittel in seinem Heimatland Nigeria ? verderben könnte, bevor es auf den Markt kommt. Heute sei seine größte Sorge, mit der wachsenden Nachfrage von Unilever Schritt zu halten. Er pflanze jetzt so viel an, wie er will: "Wir wissen, wo wir es verkaufen können".

Auch für heimische Produzenten wie Psaltry International zahlt sich diese Entwicklung aus. Das nigerianische Unternehmen verarbeitet Maniok von rund 10.000 Bauern und beliefert Unilever seit vergangenem Jahr mit Sorbitol. Unilever kauft inzwischen rund 70 Prozent der Sorbitolproduktion seines neuen Lieferanten, was rund 40 Prozent des Gesamtumsatzes von Psaltry ausmacht.

NACHFRAGE ÜBERSTEIGT ANGEBOT

Unilever hat bereits vor vier Jahren damit begonnen, die Beschaffung von Gewürzen aus Afrika zu fördern. Während der Pandemie hat sich der Plan beschleunigt, wie Manager Ecclissato sagt. In Südafrika habe Unilever etwa ein Netzwerk von Kleinbauern aufgebaut, die Koriander und Chilis für die lokalen Gewürzmarken Roberstons, Rajah Currymischungen und Knorrox Brühwürfel anbauen. Sie ersetzen damit Gewürze, die zuvor aus Indien bezogen wurden. In Nigeria, wo die Fabrik in Lagos jährlich 10.000 bis 14.000 Tonnen Zahnpasta herstellt, erhöht Unilever die lokale Beschaffung von Sorbit, einer Zutat, die zuvor aus China eingeführt wurde und aus Maniok gewonnen werden kann.

Der Hunger des Konsumgüterkonzerns nach Rohstoffen wächst jedoch schneller, als diese nachwachsen können. "Wir haben immer noch nicht genug Maniok", sagt Psaltry-Chefin Yemisi Iranloye.

(Geschrieben von Philipp Krach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Danone S.A.

WKN 851194 ISIN FR0000120644

Nestle S.A.

WKN A0Q4DC ISIN CH0038863350

Unilever PLC

WKN A0JNE2 ISIN GB00B10RZP78