Reuters

Startschwierigkeiten für Indiens ehrgeizige Chip-Pläne

01.06.2023
um 11:07 Uhr

- von Munsif Vengattil und Aditya Kalra und Jane Lanhee Lee

Neu Delhi/Oakland (Reuters) - Für den indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi ist die Ansiedlung neuer Chipfabriken seit längerem Chefsache.

Seine Ziele sind ehrgeizig: Er will "eine neue Ära in der Elektronikfertigung einleiten" und sein Land zu einem der weltweit führenden Chip-Produzenten machen. Nach Modis Plänen wird dieser Sektor binnen drei Jahren 63 Milliarden Dollar schwer. Das wäre mehr als eine Vervierfachung im Vergleich zu 2020. Allerdings sind nun die insgesamt rund 25 Milliarden Dollar schweren Investitionspläne von Foxconn und anderen ausländischen Firmen ins Stocken geraten.

Der Apple-Zulieferer Foxconn will gemeinsam mit dem indischen Mischkonzern Vedanta 19,5 Milliarden Dollar in den Aufbau eines Halbleiterwerks stecken. Einem Insider zufolge stecken die Verhandlungen mit STMicro aber durch Forderungen der indischen Regierung in einer Sackgasse. Der europäische Chip-Konzern sollte eigentlich nur Technologien beisteuern. Die Behörden wünschten aber ein größeres Engagement bei dem Projekt, das Modi als wichtigen Schritt auf dem Weg zum Aufbau der indischen Chip-Produktion bezeichnet hat, fügte die mit der Angelegenheit vertraute Person hinzu. Im Gespräch sei eine direkte Beteiligung an dem Joint Venture. "Für STM ist dieser Vorschlag nicht sinnvoll. Sie wollen abwarten, bis sich der indische Markt weiterentwickelt hat."

Indiens stellvertretender IT-Minister Rajeev Chandrasekhar hatte in einem Reuters-Interview vor zwei Wochen eingeräumt, dass Foxconn und Vedanta Schwierigkeiten hätten, einen Technologiepartner zu finden. Dem Chef des Gemeinschaftsunternehmens zufolge, David Reed, zufolge gibt es eine Vereinbarung zur Lizenzierung von Technologien. Weitere Angaben macht er nicht.

ÜBERNAHME STOPPT PLÄNE VORÜBERGEHEND

Auf Eis liegt auch ein weiterer, drei Milliarden Dollar schwerer Plan für eine Halbleiter-Fabrik. Ein Partner des Konsortiums ISMC, Tower Semiconductor, könne die Verträge nicht unterschreiben, weil alle Pläne des israelischen Unternehmen wegen der Übernahme durch den US-Konzern Intel auf den Prüfstand gestellt würden, sagten Insider. Weder Tower Semiconductor noch Intel wollten sich zu diesem Thema äußern. ISMC war für einen Kommentar nicht zu erreichen.

Ebenfalls drei Milliarden Dollar will IGSS Ventures für ein Chip-Werk in die Hand nehmen. Dem Vize-Minister Chandrasekhar zufolge plant der Technologie-Investor aus Singapur aber einen aktualisierten Antrag auf Staatshilfen, daher gehe auch hier vorerst nichts voran. Details nannte er in dem Reuters-Interview nicht.

INDIEN ALS WEITERES STANDBEIN FÜR CHIP-INDUSTRIE

Bislang werden Chips meist in China, Taiwan und den USA produziert. Wegen der wachsenden Spannungen zwischen China und dem Westen sowie den Lieferketten-Problemen während der Coronavirus-Pandemie wollen Technologie-Unternehmen ihre Produktion auf andere Länder ausweiten. Um die Firmen zu locken, bietet Indiens Regierung Subventionen in Höhe von bis zu 50 Prozent der Projektkosten und stellt insgesamt zehn Milliarden Dollar bereit. Außerdem lockerte sie Beschränkungen für die maximale Beteiligung ausländischer Firmen.

Andere Staaten pumpen ebenfalls Milliarden an Steuergeldern in die Ansiedlung neuer Chip-Fabriken. So will sich unter anderem Europa ein großes Stück von diesem Kuchen abschneiden und mit Hilfe des "Chips Act" den Marktanteil bis 2030 von derzeit knapp zehn auf 20 Prozent verdoppeln. In Deutschland sind neue Werke in Dresden und Magdeburg geplant, für eine Fabrik im Saarland ist bereits alles festgezurrt.

(geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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