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Ifo-Studien - Schuldenregeln müssen nicht zulasten von Investitionen gehen

14.06.2023
um 11:12 Uhr

Berlin/Brüssel (Reuters) - Die Begrenzung staatlicher Schulden muss laut Untersuchungen des Münchner Ifo-Instituts nicht zwingend zulasten von Investitionen gehen.

Wichtig seien die konkrete Ausgestaltung und eine klare Definition für öffentliche Investitionen, teilte das Ifo-Institut am Mittwoch mit. Ideal wären verbesserte Investitionsanreize bei gleichzeitiger Begrenzung der Schulden. Schuldenfinanzierte Ausgaben sollten auf Investitionen beschränkt werden. "Alle anderen Staatsausgaben müssten durch entsprechende Einnahmen im Staatshaushalt gedeckelt sein." Daher sei eine klare Definition wichtig, was genau als öffentliche Investition durchgehe.

Die EU-Finanzminister kommen am Freitag in Luxemburg zusammen und wollen dabei auch über die angedachte Reform der Schuldenregeln diskutieren. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat allerdings bereits deutlich gemacht, dass sich kurz vor dem Ende der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft keine Kompromisslinien abzeichneten. Kern der Brüsseler Pläne sind künftig individuell ausgehandelte Abbaupfade für EU-Staaten mit zu hohen Haushaltsdefiziten und Schuldenständen - statt bislang pauschaler Vorgaben. EU-Länder sollen in der Regel in einem Zeitraum von vier Jahren ihre Werte verbessern müssen, teilweise innerhalb von sieben Jahren. Das wird der EU-Kommission mehr Einfluss geben.

Vor allem Italien und Frankreich mit jeweils hohen Schuldenständen pochen auf mehr Flexibilität, um Investitionen nicht einschränken zu müssen. Lindner hat dagegen wiederholt öffentlich kritisiert, die Vorschläge würden nicht verlässlich genug dazu führen, Schulden zurückzufahren. Es brauche in Zahlen gegossene Vorgaben beim Abbau und zusätzliche Absicherungen für einen regelmäßigen Rückgang von Defiziten sowie für Schuldenstände.

Laut Ifo-Institut geht es um eine Aufweichung der Regeln, die ohnehin immer wieder gebrochen wurden, ohne dass dies spürbare Konsequenzen gehabt hätte. Seien die Regeln zu starr, könnten Investitionen durchaus beeinträchtigt werden, so die Forscher. Seien sie aber flexibel, könne es positive Auswirkungen geben, allerdings auch steigende Schulden. Die europäischen Schuldenregeln sind seit 2020 zunächst wegen der Corona-Pandemie und später wegen der Folgen des Krieges in der Ukraine ausgesetzt, sollen aber ab 2024 wieder greifen.

Jährliche Vorgaben zum Schuldenabbau könnten viele Staaten überfordern. Die Ausgestaltung ist daher nun der Kern der derzeitigen Verhandlungen, bei denen unter anderem Deutschland und Frankreich sehr unterschiedliche Positionen vertreten. In deutschen Regierungskreisen hieß es zuletzt, vor Dezember sei keine Einigung auf eine Reform zu erwarten.

(Bericht von Christian Krämer und Jan Strupczewski. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)