Frankfurt (Reuters) - Das neue Alzheimer-Medikament des US-Pharmakonzerns Eli Lilly wirkt im Frühstadium der Krankheit offenbar besser als gedacht.
Bei diesen Patienten verlangsamte das Mittel Donanemab das Fortschreiten der hirnschädigenden Krankheit um 60 Prozent, wie aus am Montag veröffentlichten Studiendaten hervorging. Das ist fast das Doppelte der Rate, die Lilly im Mai für die gesamte Behandlungsgruppe der Studie gemeldet hatte. Die Daten unterstrichen, dass eine frühere Erkennung und Diagnose den Verlauf von Alzheimer wirklich verändern könne, erklärte Vorstandsmitglied Anne White, zuständig für den Bereich Neurowissenschaften bei Lilly.
Allerdings birgt die Behandlung auch Risiken wie Hirnschwellungen - eine bekannte Nebenwirkung von Arzneimitteln wie Donanemab. Hirnschwellungen traten bei mehr als 40 Prozent der Patienten mit einer genetischen Veranlagung zur Alzheimer-Krankheit auf. Lilly hatte zuvor berichtet, dass bei 24 Prozent der gesamten Donanemab-Behandlungsgruppe Hirnschwellungen auftraten. Zu Hirnblutungen kam es bei 31 Prozent der Studienteilnehmer in der Donanemab-Gruppe, verglichen mit etwa 14 Prozent in der Gruppe, die ein Placebo erhielten. Zudem wurden drei Todesfälle mit der Behandlung in Verbindung gebracht.
"Diese Nebenwirkungen sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden", aber die meisten Fälle ließen sich durch Überwachung mit Magnetresonanztomographie (MRT) oder Absetzen des Medikaments in den Griff bekommen, sagte Studienleiterin Liana Apostolova, Professorin für Alzheimer-Forschung an der Indiana University School of Medicine. Ärzte dürften voraussichtlich "sehr strenge MRT-Sicherheitsuntersuchungen während der Behandlung dieser Patienten vornehmen". Lilly geht davon aus, dass die US-Arzneimittelbehörde FDA bis Ende des Jahres über die Zulassung von Donanemab entscheiden wird.
Der US-Pharmakonzern hatte im Mai erste Daten veröffentlicht und erklärt, das alle Studienziele erreicht worden seien. Bei 1182 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Demenz, deren Gehirn Ablagerungen von zwei wichtigen Alzheimer-Proteinen, Beta-Amyloid und Tau, aufwies, verlangsamte Donanemab den kognitiven Abbau um 29 Prozent im Vergleich zu einem Placebo. Bei Patienten mit hohem Tau-Gehalt verlangsamte das Mittel das Fortschreiten der Krankheit um etwa 17 Prozent, während der Nutzen bei Patienten mit niedrigem bis mittlerem Tau-Gehalt 35 Prozent betrug.
Donanemab gehört wie das kürzlich zugelassene Biogen-Mittel Leqembi zu einer Klasse von Medikamenten, die darauf abzielen, das Fortschreiten von Alzheimer zu verlangsamen, indem sie Ablagerungen des Proteins Beta-Amyloid aus dem Gehirn entfernen. Nach Angaben von Lilly nahm der Behandlungseffekt von Donanemab im Vergleich zu einem Placebo im Laufe der 18-monatigen Studie weiter zu - selbst bei Teilnehmern, die das Medikament absetzten, nachdem ihre Amyloidablagerungen deutlich zurückgingen.
"Am Ende der Studie nahm der durchschnittliche Patient sieben Monate lang kein Medikament mehr ein und profitierte dennoch weiter von der Behandlung", erklärte White. Diese Ergebnisse stützten die These, dass Donanemab abgesetzt werden könne, sobald das Amyloid aus dem Gehirn abgebaut sei. Die vollständigen Studienergebnisse wurden auf der internationalen Konferenz der Alzheimer-Gesellschaft in Amsterdam vorgestellt und in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht. "Ob die Schäden dieser Medikamente durch ihren bescheidenen klinischen Nutzen aufgewogen werden, wird letztlich nur durch weitere Daten zu klären sein", hieß es in einem Leitartikel im JAMA.
Weltweit leiden 55 Millionen Menschen an Demenz, die meisten davon nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wahrscheinlich an Alzheimer. Im Jahr 2030 wird mit voraussichtlich 78 Millionen Demenz-Betroffenen gerechnet. Alzheimer ist schwer zu diagnostizieren, vor allem im Frühstadium der Erkrankung.
(Bericht von Deena Beasly, geschrieben von Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)