Düsseldorf (Reuters) - Die Folgen der Krise des Immobilien-Markts lasten auf dem deutschen Branchenprimus Vonovia.
Die Bochumer mussten im zweiten Quartal den Wert ihres Immobilien-Portfolios gegenüber dem Vorjahr um rund 2,7 Milliarden Euro herunterschreiben, wie sie am Freitag mitteilten. Im Halbjahr summierte sich das Minus in der Bewertung der Immobilien sogar auf rund 6,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich schrieb Vonovia von April bis Juni einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro nach einem Gewinn von 1,8 Milliarden Euro vor Jahresfrist.
Der Verschuldungsgrad (LTV) lag damit laut Halbjahresbericht per Ende Juni bei 47,2 Prozent und damit deutlich oberhalb des vom Management angestrebten Korridors von 40 bis 45 Prozent. Der LTV ist bei Immobilien-Konzernen auch eine für die Beschaffung von Krediten wichtige Kennzahl. Die Refinanzierung bei Vonovia sei aber bis inklusive 2024 gedeckt, betonten die Bochumer. "Das Vertrauen des Kapitalmarktes in unser Geschäftsmodell ist weiterhin hoch", sagte Finanzchef Philip Grosse. Eine Not-Kapitalerhöhung sei aber nicht nötig, hatte er erst bei der Vonovia-Hauptversammlung im Mai betont. Auf Vonovia lasten Schulden von rund 43 Milliarden Euro.
Der Gewinn aus dem operativen Geschäft (Group FFO) sank im Quartal leicht um 0,3 Prozent auf 502 Millionen Euro, wie Vonovia weiter mitteilte. Der operative Gewinn (Ebitda) aus der Vermietung von Wohnungen sei gestiegen. Es gebe faktisch keinen Leerstand in den Miet-Wohnungen des Konzerns. Ihre Prognose bekräftigten die Bochumer: Der Group FFO werde 2023 auf 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro schrumpfen, nach knapp über zwei Milliarden Euro im Vorjahr.
NACH EXPANSIONSKURS KONSOLIDIERUNG ANGESAGT
Die Immobilienbranche steht unter Druck. Steigende Zinsen, explodierende Baukosten und die hohe Inflation machen den Unternehmen zu schaffen. Hinzu kommt, dass es kaum noch größere Transaktionen gibt - viele Marktteilnehmer können so nur schwer bewerten, was die Immobilienbestände der Konzerne wirklich wert sind. Das schürt Unsicherheit. "Die Angebotspreise für Wohnungen gingen im zweiten Quartal 2023 weiter zurück, allerdings flacht der Rückgang ab", erklärte Vonovia.
Vonovia-Chef Rolf Buch hatte wegen der Krise den Expansionskurs der vergangenen Jahre samt Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen für beendet erklärt. Vonovia will nun Immobilien verkaufen und Partner ins Boot holen. Zwei Transaktionen gelangen 2023 bereits. Vonovia hat für einen Verkauf Pakete mit einem Volumen von rund 13 Milliarden Euro identifiziert. Neubauprojekte wurden auf Eis gelegt, die Dividende für 2022 gekürzt.
Die Immobilien-Wirtschaft will nun bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz im September milliardenschwere Erleichterungen für die Branche durchsetzen, um den kriselnden Wohungsbau wieder in Schwung zu bringen. "Die Bundesländer sollten die Grunderwerbsteuer für zwei Jahre aussetzen", hatte ZIA-Präsident Andreas Mattner mit Blick auf das Treffen des "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" gefordert.
(Bericht von Matthias Inverardi und Tom Sims; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)