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IWF-Vizechefin sieht länger andauernde Hochzinsphase - Banger Blick auf Welthandel

01.09.2023
um 12:27 Uhr

Washington (Reuters) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt sich auf eine länger andauernde Hochzinsphase ein.

Die geldpolitischen Schlüsselsätze dürften global für "geraume Zeit" hoch bleiben, sagte IWF-Vizechefin Gita Gopinath am Freitag auf einer Konferenz der südafrikanischen Notenbank. Wahrscheinlich würden sie nie mehr auf ein längere Zeit niedriges Niveau sinken, so wie es im vorigen Jahrzehnt in vielen Währungsräumen der Fall war. Denn es könne öfter zu Angebotsschocks kommen, sagte die Ökonomin mit Blick auf Risiken von plötzlichen Verteuerungen wie etwa bei den wichtigen Energieträgern Gas und Öl.

"Die Pandemie und der Krieg Russlands in der Ukraine haben berechtigte Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Lieferketten und der allgemeinen nationalen Sicherheit geweckt", fügte Gopinath hinzu. Zugleich habe der IWF ein waches Auge auf die ungleich verlaufende Entwicklung im globalen Handel, die insbesondere das Wirtschaftswachstum von Schwellenländern wie etwa Südafrika erheblich drücken könne. Die Volkswirtin sprach von einer "beunruhigenden Zunahme der Fragmentierung" des Welthandels. Größere Turbulenzen seien auch im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Umbruch in China zu erwarten.

SCHWELLENLÄNDER SOLLEN SICH WAPPNEN

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt versucht derzeit, sich von dem exportabhängigen Geschäftsmodell zu lösen und stärker auf die Binnenkräfte des bevölkerungsreichen Landes zu setzen. Doch ist es der kommunistischen Führung in Peking in diesem Jahr noch nicht gelungen, die Wirtschaft nach dem Ende der strikten Corona-Restriktionen wieder auf Vordermann zu bringen. Der Exportmotor stottert und der Hoffnungsträger Konsum schwächelt, während eine anhaltende Immobilienkrise den Bausektor belastet.

Angesichts der auf die Schwellenländer zukommenden Risiken sei es umso wichtiger, dass sie sich geldpolitisch wappneten und den Finanzsektor schützten, sagte Gopinath. Diese Länder sollten daran arbeiten, höhere inländische Einnahmen zu generieren, etwa über Steuern. Zudem sollten sie Strukturreformen angehen und an der Diversifizierung der Handelsströme arbeiten. Gleichzeitig gelte es, eine fiskalisch und sozial nachhaltige Klimastrategie zu verfolgen, die Maßnahmen zur CO2-Bepreisung umfasse. "Die Herausforderungen mögen gewaltig sein. Aber die Chancen sind riesig", sagte die IWF-Vizechefin.

(Bericht von Andrea Shalal, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)