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Deutsche Exporte sinken - "Bremsklotz statt Wachstumsmotor"

04.09.2023
um 09:37 Uhr

Berlin (Reuters) - Die schwächelnde Weltkonjunktur hat die kleine Erfolgsserie der deutschen Exporteure zu Beginn der zweiten Jahreshälfte reißen lassen.

Ihre Ausfuhren fielen im Juli um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 130,4 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Zuvor waren sie drei Monate gestiegen, wenn auch zuletzt zweimal nur leicht um jeweils 0,2 Prozent. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten allerdings mit einem kräftigeren Rückgang von 1,5 Prozent gerechnet.

"Nicht nur die globale Nachfrageschwäche macht den Unternehmen mehr und mehr zu schaffen", kommentierte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank die Entwicklung. "Sie leiden auch unter der Erosion ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf den weltweiten Absatzmärkten." Die Importe legten dagegen überraschend deutlich zu: Sie stiegen im Juli um 1,4 Prozent zum Vormonat auf 114,5 Milliarden Euro und damit fast dreimal so stark wie von Volkswirten erwartet.

Analysten zufolge steigt angesichts der schwächelnden Exporte die Gefahr, dass Europas größte Volkswirtschaft im zweiten Halbjahr erneut in eine Rezession abrutscht. "Der Außenhandel ist nicht mehr der starke, widerstandsfähige Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, der er einmal war, sondern ein Bremsklotz", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Reibungen in den Lieferketten und eine stärker fragmentierte Weltwirtschaft belasteten. "Dazu kommt die Tatsache, dass China zunehmend in der Lage ist, Waren zu produzieren, die es zuvor in Deutschland gekauft hat."

GESCHÄFT MIT USA UND CHINA WÄCHST

Die Ausfuhren in die EU-Staaten legten diesmal um 0,5 Prozent zum Vormonat auf 71,9 Milliarden Euro zu, während das übrige Auslandsgeschäft um 2,5 Prozent nachgab. Abnehmerland Nummer eins blieben die USA: Dorthin wurden Waren im Wert von 13,5 Milliarden Euro verkauft, ein Anstieg von 5,2 Prozent - und das, obwohl das hohe Zinsniveau die Nachfrage nach Waren "Made in Germany" eher dämpft. Die Exporte nach China nahmen ebenfalls zu, und zwar um 1,2 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. In der Volksrepublik schwächelt die Konjunktur angesichts der schwelenden Immobilienkrise. Die Ausfuhren nach Großbritannien fielen dagegen, während die nach Russland ungeachtet der westlichen Sanktionen infolge des Krieges gegen die Ukraine um 2,2 Prozent auf 0,7 Milliarden Euro zunahmen.

Eine Trendwende dürfte vorerst ausbleiben, hat sich die Stimmung in der deutschen Exportindustrie zuletzt weiter leicht verschlechtert hat. Das Barometer für deren Erwartungen für das Auslandsgeschäft fiel im August auf minus 6,3 Punkte, von minus 6,0 Punkten im Juli, so das Münchner Ifo-Institut zu seiner monatlichen Umfrage. "Die deutschen Exporteure kämpfen weiterhin mit einer schwachen Weltnachfrage", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Zudem beklagten immer mehr Unternehmen, dass ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit leide.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)