- von Andreas Rinke
Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat Länder, Gemeinden und Opposition zu einem nationalen Kraftakt aufgerufen, um die Wirtschaftskrise und den Umbau zu einer klimafreundlichen Gesellschaft zu bewältigen.
"Die Bürgerinnen und Bürger sind diesen Stillstand leid. Und ich bin es auch", sagte er am Mittwoch im Bundestag in der Haushaltsdebatte laut Redemanuskript. Scholz bot einen "Deutschland-Pakt" an, in dem die Regierung ein Bündel von bereits angekündigten Maßnahmen zusammenfasst. "Der Deutschland-Pakt soll unser Land schneller, moderner und sicherer machen", sagte er.
Der Kanzler lehnte ein neues Konjunkturprogramm ab und verwies darauf, dass die Bundesregierung in zahlreichen Bereichen bereits Rekordsummen für Investitionen anbiete. "Ich halte nichts von einem schuldenfinanzierten Strohfeuer namens Konjunkturprogramm, das die Inflationsbekämpfung der EZB konterkarieren würde", betonte Scholz, der erneut vor allem eine Entbürokratisierung forderte. Der Bund investiere zudem im kommenden Jahr 58 Milliarden Euro etwa in die Wasserstoffwirtschaft, die Halbleiterindustrie, klimafreundliche Mobilität, digitale Infrastruktur und die Sanierung von Gebäuden. Dazu kämen 54 Milliarden Euro für bessere Schienen, neue Brücken, schnelles Internet, Ladesäulen, sozialen Wohnungsbau und eine klimaneutrale Wirtschaft. Allein die Bahn erhalte in den kommenden vier Jahren 24 Milliarden Euro an zusätzlichem Investitionsspielraum. "Das ist das größte Investitionsprogramm in so kurzer Zeit seit der Dampflok", sagte Scholz.
Der Kanzler betonte, dass die Bundesregierung auch weiter große Industrieansiedlungen etwa im Chip- und Batteriesektor fördern werde. Er wies den Eindruck zurück, dass Staaten wie die USA Firmen mehr Subventionen anböten. "Gemessen an der Größe unseres Landes und unserer Wirtschaftsleistung können diese Investitionen, kann unser Klima- und Transformationsfonds es durchaus aufnehmen mit seinem amerikanischen Gegenstück", betonte er.
PLANUNGSVERFAHREN SOLLEN BESCHLEUNIGT WERDEN
Der "Mehltau" lähme die Wirtschaft, sagte Scholz etwa mit Blick auf die langen Planungsverfahren. "Moderne Gesetze, schnellere Verfahren, weniger Bürokratie" seien Grundlage für einen Aufschwung. "Und zweitens: Die Bereitschaft aller, wirklich an einem Strang zu ziehen, und zwar in dieselbe Richtung: Bund, Länder, Städte und Gemeinden, Unternehmen und Behörden, Verbände und Gewerkschaften." So forderte er die Länder auch auf, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch umzusetzen. Vor allem die kommunalen Ausländerämter gelten als ein Grund für die Verzögerung bei der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte.
Immer wieder mahne er in der Rede zur Zusammenarbeit. Niemand wolle "Schattenboxen im Bundestag". Die Bürger wollten "Orientierung, mutige Kompromisse, zupackende Arbeit". "Arbeiten Sie mit uns daran, die Missstände der vergangenen Jahre abzustellen und Deutschland gut aufzustellen für die Zukunft", sagte er Richtung von Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU).
In scharfen Worten kritisierte Scholz zudem die Rechtspartei AfD, die derzeit in Umfragen einen Höhenflug erlebt. Diese "selbst ernannte Alternative" sei in Wahrheit ein "Abbruchkommando für unser Land".
(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)