Reuters

Ratingagentur - Konjunkturkrise belastet Deutschlands Spitzennote vorerst nicht

19.09.2023
um 08:22 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Rezession 2023 und das erwartete mickrige Wachstum in den kommenden Jahren gefährdet der europäischen Ratingagentur Scope zufolge die Spitzenbonität Deutschlands nicht.

"Dies stellt die Kreditwürdigkeit Deutschlands auf kurze Sicht nicht infrage", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Analyse. Die Bestnote werde vorerst durch den robusten finanzpolitischen Rahmen und Haushaltsdisziplin gestützt, einschließlich der Schuldenbremse. "Außerdem ist der besonders wettbewerbsfähige Mittelstand auch weiterhin ein Rückgrat für die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Landes." Allerdings seien staatliche Reformen zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen, zur Vereinfachung der Bürokratie und zur besseren Digitalisierung unerlässlich, um diese Wettbewerbsstärken zu erhalten.

Scope bewertet, wie andere große Ratingagenturen auch, die Bonität Deutschlands mit der Bestnote AAA. Das signalisiert Anlegern einen extrem geringes Ausfallrisiko, wenn sie Geld dem deutschen Staat leihen. Dieser wiederum profitiert vom "Triple-A"-Status, da er sich zu vergleichsweise günstigen Konditionen Geld leihen kann.

Für dieses Jahr senkten die Scope-Analysten ihre Konjunkturprognose. Demnach wird das Bruttoinlandsprodukt mit 0,4 Prozent stärker schrumpfen als noch im Juli mit minus 0,1 Prozent vorhergesagt. Als Gründe werden ein schleppender privater Konsum, der Abschwung im Bausektor angesichts höherer Zinssätze, der Kostendruck in den energieintensiven Industrie und die relativ schwachen Exporte genannt. Im kommenden Jahr soll es dank der sinkenden Inflation und eines robusten Arbeitsmarktes zu einem Wachstum von 1,0 Prozent reichen.

SCOPE- ALTERUNG DER GESELLSCHAFT IST GRÖSSTE WACHSTUMSBREMSE

Ein kräftiger Aufschwung dürfte danach ausbleiben: Ohne weitere Strukturreformen werde das jährliche Wachstumspotenzial bis 2030 nur bei "bescheidenen 0,7 Prozent liegen und damit deutlich unter dem aller anderen Länder mit AAA-Rating", schreiben die Studienautoren Julian Zimmermann, Eiko Sievert und Jakob Suwalski.

"Die größte Wachstumsbremse ist die Alterung der Gesellschaft", heißt es in der Analyse mit Blick auf die kommenden Jahr. Der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-66 Jahre) werden zu Qualifikationsdefiziten und Produktivitätsverlusten beitragen. Bis 2030 werde deren Zahl von fast 56 Millionen im vergangenen Jahr auf etwa 54 Millionen abnehmen. Das entspreche etwa einem Rückgang von durchschnittlich 221.000 pro Jahr. "Die wichtigste Strategie zur Aufrechterhaltung des Arbeitskräfteangebots besteht darin, qualifizierte ausländische Arbeitskräfte anzuwerben und gleichzeitig mehr Frauen und ältere Menschen zu einer (Vollzeit-)Beschäftigung zu bewegen", so die Studie.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Hans Seidenstücker - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)