Reuters

Gewerkschaft - "Schleichende Berlusconisierung" bei Kooperation ProSieben/MFE

26.09.2023
um 11:17 Uhr

Berlin (Reuters) - Die geplante engere Zusammenarbeit zwischen der Senderkette ProSiebenSat.1 und ihrem italienischen Großaktionär MFE-Mediaforeurope stößt auf Kritik der Gewerkschaft.

Der Deutsche Journalisten-Verband warnte vor wachsendem Einfluss der Holding der Familie des früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi. "Mit engerer Kooperation zwischen MFE und ProSiebenSat.1 droht eine schleichende Berlusconisierung", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall am Dienstag. "Nichts deutet darauf hin, dass MFE nach dem Tod von Silvio Berlusconi seine politische Agenda ändern würde." Eine europäische Allianz des "rechtsnationalen Populismus im Fernsehen" sei ein Angriff auf die Grund- und Freiheitsrechte Europas.

Hintergrund sind Äußerungen von ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets. Er sagte jüngst der "Financial Times", in den vergangenen Wochen hätten Mitarbeiter beider Konzerne eine "sinnvolle Kooperation" in Werbung, Technologie und sogar bei Inhalten begonnen. Damit nähert sich der bayerische Fernsehkonzern den Vorstellungen von MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi an, der eine paneuropäische Fernseh-Allianz anstrebt. Habets sagte, ProSiebenSat.1 sei nun "in einem viel konstruktiveren Dialog, um echte Kooperationsmodelle" mit MFE zu entwickeln. Auch bei Technologie und Produktentwicklung sei eine Zusammenarbeit mit Partnern sinnvoll.

Der DJV-Vorsitzende forderte die zuständige Medienaufsicht in Bayern auf, die Vorgänge bei ProSiebenSat.1 besonders aufmerksam zu verfolgen. Die Nutzung von Synergieeffekten und der Ausbau von Einflusssphären könnten gravierende Folgen haben. "Das gilt es zu verhindern", sagte Überall.

Pier Silvio Berlusconi und seine Schwester Marina kontrollieren MFE - die frühere Mediaset - nach dem Tod ihres Vaters. MFE hat sich - samt Derivaten - inzwischen 28,9 Prozent an ProSiebenSat.1 gesichert. Damit könnten die Italiener auf 29,7 Prozent der Stimmrechte kommen. Das Paket ist kürzlich auf die beiden Erben übergegangen. Deutschland-Statthalterin Katharina Behrends sagte der "Süddeutschen Zeitung", MFE wolle den Anteil derzeit nicht erhöhen. Bei mehr als 30 Prozent würde ein Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre fällig.

(Bericht von Klaus Lauer - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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