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Bundesregierung erwartet erst 2024 leichtes BIP-Wachstum

06.10.2023
um 12:02 Uhr

- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung hat ihren bisherigen Konjunkturausblick deutlich verschlechtert und rechnet 2023 nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters nun mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung.

In seiner Herbstprojektion gehe Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für das laufende Jahr von einem preisbereinigten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,4 Prozent aus, erfuhr Reuters am Freitag von Insidern der Regierung. In der Frühjahrsprojektion hatte Habeck noch ein Plus in gleicher Höhe erwartet. Erst 2024 erwartet die Regierung nun wieder ein leichtes BIP-Wachstum von 1,3 Prozent. In Regierungskreisen hieß es ergänzend, man rechne mit einer vor allem binnenwirtschaftlich getragenen Erholung zum Jahreswechsel 2023/24 und einer weiteren wirtschaftlichen Belebung im Jahresverlauf 2024.

Habeck legt die Herbstprojektion am Mittwoch dem Kabinett vor. Von seinem Ministerium war eine Stellungnahme zunächst nicht zu erhalten. Bei der Inflation geht die Regierung von 6,1 Prozent in diesem Jahr und von einer deutlichen Abschwächung des Preisauftriebs im Jahr 2024 auf 2,6 Prozent aus.

REGIERUNGSKREISE: MASSNAHMEN DER BUNDESREGIERUNG GREIFEN

Die Bundesregierung liegt mit dem verdüsterten Ausblick in etwa auf einer Linie mit den führenden Wirtschaftsforschungs-Instituten. Diese waren in ihrer Gemeinschaftsdiagnose für die Regierung mit einem für 2023 erwarteten BIP-Rückgang um 0,6 Prozent noch etwas pessimistischer. Sie begründeten die schlechte Wirtschaftsentwicklung vor allem mit hoher Inflation, mauer Weltwirtschaft und steigenden Zinsen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte Deutschland bereits im Juli als einzigem großen Land einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr prophezeit.

"Die Gründe für das leichte Negativ-Wachstum in diesem Jahr sind die hohen Energiepreise, die sich erst allmählich bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern abschwächen, die hohen Inflationsraten, die sich erst im Laufe des Jahres verringern, und die Deutschland als Exportnation besonders treffende anhaltende Schwäche auf den internationalen Handelsmärkten", hieß es in Regierungskreisen. "Die durch die Energiepreise verursachten Kaufkraftverlusten haben zu einer anhaltenden Konsumunsicherheit geführt." Mit dem für 2024 erwarteten BIP-Wachstum von 1,3 Prozent und einem Plus von 1,5 Prozent im Jahr 2025 "verlassen wir im nächsten Jahr die konjunkturell anspruchsvollste Phase".

In der Regierung herrscht demnach die Einschätzung, das die von der Ampel-Koalition getroffenen Maßnahmen greifen. "Die Inflationsrate wird schon im kommenden Jahr wieder bei 2,6 Prozent liegen und die Energiepreise stabilisieren sich - wenn auch auf einem höheren Niveau", hieß es in der Regierung. "Eine gute Lohn- und Gehaltsentwicklung sowie ein robuster Arbeitsmarkt wirken stabilisierend."

(redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)