Reuters

Israel fordert Evakuierung von Gaza-Stadt

13.10.2023
um 08:52 Uhr

Jerusalem/New York/Tel Aviv (Reuters) - Das israelische Militär fordert vor einer möglicherweise bevorstehenden Bodenoffensive zur Evakuierung von Gaza-Stadt auf.

Es rief die die Zivilbevölkerung am Freitagmorgen dazu auf, sich innerhalb von 24 Stunden in den Süden des Gazastreifens zu begeben. "Bewohner von Gaza-Stadt, verlassen Sie die Stadt zu ihrer eigenen Sicherheit und der ihrer Familien nach Süden und entfernen sie sich von Hamas-Terroristen, die sie als menschliche Schutzschilder benutzen." Die Armee werde in den kommenden Tagen in Gaza-Stadt in beträchtlichem Maße vorgehen. Die Mitglieder der Hamas versteckten sich in der Stadt in Tunneln unter Gebäuden und in Gebäuden, die von Zivilisten bewohnt würden. Die Bewohner könnten erst zurückkehren, wenn dies mitgeteilt werde. Mehr als eine Million Menschen sind von dem Aufruf zur Evakuierung betroffen, rund die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens.

Die Vereinten Nationen, die vorab von Israel informiert worden waren, halten eine solche Evakuierung für "unmöglich, ohne dass es verheerende humanitäre Auswirkungen" gebe, wie UN-Sprecher Stephane Dujarric sagte. Eine bereits bestehende Tragödie könne zu einer katastrophalen Situation werden. Das Palästinenser-Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) schrieb auf X - früher Twitter -, es verlege seine Einsatzzentrale und internationalen Mitarbeiter in den Süden des Gazastreifens. Es rief die israelischen Behörden dazu auf, alle Zivilisten in UNRWA-Unterkünften, einschließlich Schulen, zu schützen.

Ein Vertreter der radikalislamischen Hamas bezeichnete den Aufruf Israels als "Fake-Propaganda", die Verwirrung unter den Bürgern stiften solle. Er forderte die Einwohner auf, nicht darauf hereinzufallen.

Nach den Angriffen der Hamas auf Israel am vergangenen Wochenende mit mehr als 1300 Todesopfern unter den Israelis übt Israel Vergeltung und will die Hamas vernichten. Seitdem bombardiert das Land Ziele im abgeriegelten Gazastreifen. Mehr als 1500 Palästinenser sind dabei nach Angaben der Behörden in dem dicht besiedelten Küstenstreifen getötet worden.

Eine Bodenoffensive Israels würde mit hohen Risken einhergehen, da viele Israelis als Geiseln von der Hamas nach Gaza verschleppt wurden. In der Nacht zum Freitag hat das israelische Militär eigenen Angaben zufolge 750 militärische Ziele im nördlichen Teil des palästinensischen Küstengebiets angegriffen. Darunter seien Tunnel der Hamas gewesen, militärische Einrichtungen, Wohnhäuser hochrangiger Hamas-Mitglieder und Waffenlager.

HUNDERTTAUSENDE BEREITS AUF DER FLUCHT

Durch die Abriegelung des Gazastreifens durch Israel spitzt sich dort die humanitäre Lage zu. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn der israelischen Vergeltungsschläge bereits mehr als 400.000 Menschen aus ihren Wohnungen im Gazastreifen geflohen. 23 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen seien getötet worden, teilt das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der UN (OCHA) mit.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte, dass der Treibstoff für die Notstromgeneratoren der Krankenhäuser in Gaza innerhalb von Stunden ausgehen könnte. Auch Nahrung und Trinkwasser seien sehr knapp, hieß es vom Welternährungsprogramm der UN. "Das menschliche Elend, das durch diese Eskalation verursacht wird, ist abscheulich, und ich fordere beide Seiten dazu auf, das Leid der Zivilbevölkerung zu verringern", sagte IKRK-Regionaldirektor Fabrizio Carboni.

(Bericht Henriette Chacar, Michelle Nichols, Humeyra Pamukv, geschrieben von Myria Mildenberger; redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)