Reuters

Israel bombardiert Gaza unvermindert - Grenzübergang Rafah dicht

16.10.2023
um 16:27 Uhr

(Weitgehend neu)

- von Nidal al-Mughrabi und Dan Williams

Kairo/Gaza/Jerusalem (Reuters) - Ungeachtet internationaler Forderungen nach Hilfslieferungen und Ausreisen von Ausländern hat Israel seinen Beschuss des Gazastreifens am Montag unvermindert fortgesetzt.

Anwohner berichteten von den heftigsten Angriffen seit Beginn des jüngsten Konflikts vor mittlerweile zehn Tagen, als Kämpfer der radikal-islamischen Hamas rund 1300 Israelis - zumeist Zivilisten - getötet hatten. Angaben über eine Feuerpause wurden von israelischer Seite dementiert. Bundeskanzler Olaf Scholz wird nach Angaben aus Regierungskreisen am Dienstag nach Israel reisen, um in dem Konflikt zu vermitteln.

Ziel ist nach wie vor, über den Grenzübergang Rafah Hilfsgüter nach Gaza zu schaffen und Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit die Flucht aus dem Gebiet zu ermöglichen. Um das zu ermöglichen, wurde nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen eine Waffenruhe für das Gebiet vereinbart. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wies das am Morgen aber zurück. US-Präsidialamtssprecher John Kirby sagte bei CNN, die USA hofften, Rafah könne noch am Montag für einige Stunden geöffnet werden, bevor die erwartete Bodenoffensive der Israelis einsetze. Ein Vertreter der Hamas betonte, es gebe keine Feuerpause.

Die diplomatischen Bemühungen, um Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bekommen, hatten am Wochenende an Intensität zugenommen. US-Außenminister Antony Blinken traf am Montag erneut in Israel ein. Bei einem Treffen mit Netanjahu sprach Blinken nach Angaben seines Ministeriums über humanitäre Hilfen für Zivilisten. Es sei um die enge Zusammenarbeit zwischen den USA, den Vereinten Nationen und den Partnern in der Region gegangen, um die entsprechende Versorgung von Zivilisten zu erleichtern, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums. Israel hat eine Blockade über den Gazastreifen verhängt und bereitet als Vergeltung für den Hamas-Angriff eine Bodenoffensive vor. Ziel ist, die Hamas vollständig auszuschalten.

ISRAEL - 199 GEISELN IM GAZASTREIFEN

Bei israelischen Luftangriffen auf Gaza sind nach Angaben palästinensischer Behörden bislang 2750 Menschen getötet und annähernd 10.000 verletzt worden. Etwa 1000 Personen würden noch vermisst und unter Trümmern vermutet. Im benachbarten Ägypten kommen indes immer mehr Hilfsgüter an, die bislang aber nicht in den Gazastreifen weitergeleitet werden können. Die USA haben ihre Landsleute in Gaza vorsorglich angewiesen, sich auf den Weg Richtung Rafah zu machen, um von dort aus nach Ägypten zu gelangen.

Scholz will den Angaben aus Regierungskreisen zufolge am Dienstag Gespräche in Israel führen und dann weiter nach Ägypten reisen. Am Freitag hatte bereits Außenministerin Annalena Baerbock Israel besucht und sich ein Bild über die aktuelle Lage verschafft, bevor sie am Samstag Gespräche in Ägypten führte. US-Präsident Joe Biden sagte nach offiziellen Angaben am Montag eine geplante Reise nach Colorado ab, um im Weißen Haus die Lage im Nahen Osten zu beobachten.

Die Zahl der von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln wird von Israel mittlerweile mit 199 angegeben. Dies sei die aktuell bestätigte Zahl, sagte ein Militärsprecher. Darunter befinden sich auch deutsche Staatsangehörige. Baerbock sprach am Wochenende von acht bekannten Fällen. Dies heiße aber nicht, dass es sich um acht Personen handele, ein Fall könne vielmehr auch mehrere Personen betreffen, konkretisierte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag. Baerbock sagte am Sonntagabend in der Sendung "Anne Will", es gebe "keinen direkten Kontakt" zu den Menschen. Unter den Geiseln seien "sehr viele Frauen und Kinder".

(Mitarbeit: Humeyra Pamuk, Andreas Rinke, Alexander Ratz; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)