Reuters

Heil will ukrainische Geflüchtete schneller in Arbeit bringen

18.10.2023
um 10:32 Uhr

- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will ukrainische Geflüchtete in Deutschland schneller in Arbeit bringen.

Die Jobcenter sollen dazu Geflüchtete im erwerbsfähigen Alter noch engmaschiger betreuen, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch aus Regierungskreisen erfuhr. Dies sehe ein Maßnahmenbündel für einen "Integrationsturbo" vor, das Heil am Nachmittag vorstellen wolle. Wirtschaft und Sozialpartner werde der Minister zudem aufrufen, Geflüchtete verstärkt auch ohne gute Deutschkenntnisse zu beschäftigen und berufsbegleitend weiter zu qualifizieren. Die Bundesregierung wolle dafür große Unternehmen, Zeitarbeit und Branchenverbände für eine Selbstverpflichtung gewinnen. Zudem solle es einen Sonderbeauftragten der Regierung für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten geben.

"Wir setzen auf enge Betreuung durch die Jobcenter, sinnvolle Weiterbildung und passgenaue Arbeitsangebote", sagte Heil zu "Bild". "Und auf Arbeitgeber, die auch Geflüchteten eine Chance geben, die noch nicht perfekt Deutsch sprechen."

In Regierungskreisen wurde darauf verwiesen, dass Zehntausende Geflüchtete aus der Ukraine den Integrationskurs abgeschlossen hätten oder vor dem Abschluss stünden. In dieser Phase solle eine beschleunigte Arbeitsmarkt-Integration ansetzen. Jobcenter sollten dann geeignete Qualifizierungen ermitteln und konkrete Arbeitsangebote machen. Diese würden in Kooperationsplänen festgehalten, wie sie für alle Bürgergeldbeziehenden üblich sind. Alle sechs Wochen würden Fortschritte besprochen. Erwartet würden eigene Anstrengungen der Geflüchteten. Sonst drohten wie auch bei anderen Bürgergeldbeziehenden Leistungskürzungen.

FAST 200.000 GEFLÜCHTETE ERWERBSTÄTIG - NOCH MEHR ARBEITSLOS

Seit dem Angriff Russlands im Februar 2022 haben über eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz gesucht. Im Juli 2023 gab es in Deutschland nach Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 196.600 Beschäftigte ukrainischer Staatsangehörigkeit - davon 154.600 in sozialabgabenpflichtiger Beschäftigung und 42.000 in Minijobs. Das seien fast 70.000 und über 50 Prozent mehr gewesen als ein Jahr zuvor und fast dreimal mehr als im Juli 2021 vor Ausbruch des Ukraine-Krieges.

Dies beinhaltet - wie die folgenden Zahlen auch - nicht nur Geflüchtete, sondern auch Ukrainerinnen und Ukrainer, die schon länger in Deutschland sind. 480.300 erwerbsfähige Personen aus der Ukraine erhielten im Juni 2023 Bürgergeld - rund 171.500 mehr als ein Jahr zuvor. Daten für September 2023 weisen rund 407.900 Menschen aus der Ukraine als arbeitssuchend aus. Davon waren 205.900 als arbeitslos registriert. Als Arbeitslose gelten nur Personen, die dem Arbeitsmarkt auch zur Verfügung stehen.

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) war im August zu dem Ergebnis gekommen, dass im Frühjahr 2023 im Durchschnitt 18 Prozent der Geflüchteten erwerbstätig waren. Die Erwerbsquote steige aber zwölf Monate nach der Ankunft auf 28 Prozent.

(Bericht von Holger Hansen; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)