Reuters

Nahost-Konflikt belastet Europas Börsen - Bilanzen im Blick

18.10.2023
um 12:47 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Nervosität an den Börsen nimmt wieder zu.

Anleger fürchten eine weitere Eskalation in Nahost. Dax und EuroStoxx50 lagen am Mittwochvormittag je 0,3 Prozent tiefer bei 15.211 beziehungsweise 4141 Punkten. "Der Frieden im Nahen Osten ist in weiter Ferne", fasst Christian Henke, Marktstratege bei IG, die Stimmung zusammen. Für die Explosion in einem Krankenhaus in Gaza-Stadt mit möglicherweise hunderten Toten macht die radikal-islamische Hamas einen Luftangriff Israels verantwortlich. Israel sprach indes von einem fehlgeschlagenen Raketenstart der Extremisten-Gruppe Islamischer Dschihad.

Darüber hinaus läuft die Saison für die Quartalsberichte. Nach Börsenschluss in den USA stehen unter anderem die Zahlen des Software-Riesen SAP, des E-Autobauers Tesla und des Streamingdienstes Netflix an. Aus China kamen unterdessen ermutigende Signale: Die Wirtschaft dort ist nach staatlichen Angaben im dritten Quartal dank der anziehenden Binnennachfrage stärker gewachsen als erwartet.

ÖL TEURER - ANLEGER SUCHEN NACH ABSICHERUNGEN

Die Verunsicherung war erneut an den Rohstoffpreisen abzulesen. Das als Absicherung genutzte Gold verteuerte sich um 0,8 Prozent auf 1938 Dollar je Feinunze. Versorgungsängste trieben die Preise für die Nordsee-Ölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI um je rund 2,5 Prozent auf 92,03 beziehungsweise 88,91 Dollar pro Barrel (159 Liter). "Die Absage eines Gipfeltreffens zwischen (US-Präsident Joe) Biden und arabischen Führern verringert die Wahrscheinlichkeit einer diplomatischen Lösung des Israel-Hamas-Konflikts", sagt Vivek Dhar, Analyst bei der Commonwealth Bank of Australia. Die Märkte seien angesichts einer drohenden Bodenoffensive Israels nervös. "Eine lange Besetzung droht als Szenario, was die Brent-Öl-Futures in Richtung 100 US-Dollar pro Barrel treibt, weil das Risiko einer Ausweitung des Israel-Hamas-Konflikts steigt und der Iran möglicherweise direkt mit hineingezogen wird."

ZINSSORGEN BLEIBEN - PFUND NACH INFLATIONSDATEN FESTER

Neben den geopolitischen Spannungen sorgte viele Anleger auch die Möglichkeit hochbleibender Zinsen. Die Anleiherenditen der Eurozone stiegen weiter an. Die Verzinsung zehnjähriger Bundesanleihen stieg um zwei Basispunkte auf ein 12-Tages-Hoch von 2,90 Prozent. Robuste US-Konjunkturdaten hatten am Dienstag einen Ausverkauf bei Anleihen eingeläutet. Marktteilnehmer sehen durch die Stärke der US-Wirtschaft die Tür für weitere Zinserhöhungen der Notenbank offen. Zentralbanker betonten zuletzt, dass sie die Zinsen auf hohem Niveau belassen werden, bis die Inflation überwunden ist.

Die Verbraucherpreisentwicklung in Großbritannien befeuerte auch dort die Zinsspekulationen. Die Kerninflation ging weniger stark als erwartet zurück. Das Pfund zog um 0,2 Prozent auf 1,2204 Dollar an.

ASML IM ABSEITS - ADIDAS GEFRAGT - VOLVO AUF REKORDHOCH

Am deutschen Aktienmarkt waren Adidas gefragt, nachdem der Sportbekleidungshersteller seine Prognose für das Gesamtjahr angehoben hatte. Adidas-Aktien sprangen um 5,3 Prozent auf ein Sechs-Wochen-Hoch von 180 Euro. Im Sog verteuerten sich Titel von Puma um bis zu 4,7 Prozent.

Trotz eines Gewinnanstiegs im Quartal zogen Investoren bei ASML angesichts eines mauen Ausblicks die Reißleine. Die Aktien des niederländischen Chip-Ausrüsters verloren bis zu fünf Prozent auf 544,30 Euro. Das Jahr 2024 soll nach den Worten der Firma ein "Übergangsjahr" werden, es sei mit stagnierenden Umsätzen zu rechnen.

Nach einem überraschend stark gestiegenen Gewinn im Quartal griffen Anleger bei Volvo zu. Die Aktien des schwedischen Lkw-Bauers, der auch Baumaschinen und Motoren herstellt, legten in Stockholm bis zu 4,2 Prozent auf 223,65 Kronen zu und markierten damit ein Rekordhoch. Der Betriebsgewinn war im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 61 Prozent auf 19,1 Milliarden Kronen gewachsen.

(Bericht von Anika Ross. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)