- von Ilona Wissenbach und Christina Amann
Frankfurt (Reuters) - Die deutschen Autobauer kämpfen in schwierigem Marktumfeld immer härter um ihre Gewinne.
Angesichts hoher Kosten, Produktionsprobleme und eines knallharten Konkurrenzkampfs bei Elektroautos schlagen Volkswagen und Mercedes-Benz Molltöne an. Der Wolfsburger Autobauer steigerte auf Konzernebene Umsatz und Gewinn im dritten Quartal; allerdings geriet insbesondere die Kernmarke VW wegen höherer Kosten und Lieferproblemen bei Teilen aus Slowenien unter Druck. In Summe sei Volkswagen robust unterwegs, sagte Finanzchef Arno Antlitz am Donnerstag. "Nicht zufrieden sein können wir mit unserer Profitabilität, die im dritten Quartal hinter unseren ambitionierten Zielen zurückgeblieben ist."
Europas größter Autobauer schaffte insgesamt eine operative Rendite von 6,2 Prozent, von seinem Ziel einer Rendite von 7,5 bis 8,5 Prozent haben sich die Wolfsburger zuletzt verabschiedet. Mercedes-Benz, bislang mit Traumrenditen erfolgsverwöhnt, landete bei der Pkw-Marge zwei Prozentpunkte tiefer gegenüber dem Vorjahreszeitraum bei 12,4 Prozent. Das bereinigte Betriebsergebnis des Stuttgarter Konzerns schrumpfte um acht Prozent auf 4,9 Milliarden Euro.
VW wie Mercedes hatten im abgelaufenen Quartal mit Sonderfaktoren mal wieder in der Lieferkette zu kämpfen. Im VW-Konzern lähmte der Ausfall eines einzigen Lieferanten in Slowenien aufgrund des Hochwassers die Produktion mehrerer Modelle. Bei den Schwaben ging fünf Prozent Absatz verloren, weil der größte Autozulieferer Bosch mit 48-Volt-Systemen für die Modelle GLC und E-Klasse nicht nachkam. Generell müssen die Autokonzerne ihren Zulieferern aufgrund der Inflation mehr bezahlen.
Nach Einschätzung von Branchenexperten ist die Sonderkonjunktur der Corona-Pandemie, als ein künstlich knappes Angebot auf hohe Nachfrage traf und kräftige Preiserhöhungen erlaubte, vorbei. "Das Ende des Zyklus ist jetzt viel klarer", kommentierte Daniel Röska von Bernstein Research die "normalisierte" niedrigere Rendite von Mercedes. Wachsende Autoproduktion, höhere Zinsen und dadurch gedämpfte Nachfrage zwingen die Hersteller zu Zugeständnissen, erklärte Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management (CAM). "Man muss Rabatte geben, das war lange Zeit nicht der Fall." Dazu kommen Sonderfaktoren wie die Verringerung der Elektroauto-Förderung in Deutschland. "Zugleich ist der Druck auf die Preise weltweit durch Tesla sehr stark."
ACHILLESFERSE CHINA
Am größten Einzelmarkt China dreht sich für die deutschen Autobauer der Markt: Volkswagen und Mercedes-Benz trösten sich damit, dass sie in ihren Märkten mit Verbrenner-Autos die Nummer eins sind. Doch die Autokäufer in China steigen rasant auf Elektro-Fahrzeuge um. Der Konkurrenzkampf mit den vielen neu gegründeten Autoherstellern sei brutal, sagte Mercedes-Finanzchef Harald Wilhelm. "Viele Kollegen haben gesagt, sowas haben sie in 30 Jahren Berufserfahrung noch nicht gesehen." Die Marke mit dem Stern erlitt in China von Juli bis September einen Einbruch des Absatzes um zwölf Prozent. Das Luxussegment sei zwar nicht immun gegen die schwächere Nachfrage, der Wechsel zum E-Auto gehe aber langsamer. Mercedes setzt darauf, dass die nächste Generation Elektroautos ab 2025 rechtzeitig auf den Markt kommt.
Die Marke VW steckt unterdessen in der Defensive, nachdem sie die Position der Nummer eins im Frühjahr an Chinas größten Elektroautohersteller BYD verlor. Der Marktanteil bei E-Auots werde in den kommenden ein bis zwei Jahren weiter sinken, sagte Volkswagen-Finanzchef Antlitz. Danach sei Besserung in Sicht, wenn mit dem neuen Partner Xpeng zusammen neue Fahrzeuge zum Tragen kämen. Stifel-Analyst Daniel Schwarz wertete die Strategie durchaus positiv - auf Marktanteile zu verzichten, wenn man nicht wettbewerbsfähig ist, und dann darauf zu setzen, mit der nächsten Generation Elektroautos wieder durchzustarten.
HOHES ERGEBNIS-NIVEAU VERTEIDIGEN
Im Gesamtjahr wollen beide Autokonzerne die im Vorjahr stark gestiegenen Gewinne halten: Der Volkswagen-Konzern kann trotz eines angepeilten Umsatzanstiegs um bis zu 15 Prozent auf 320 Milliarden Euro nur 22 Milliarden Euro Betriebsergebnis erwirtschaften. Verluste aus Rohstoff-Termingeschäften schlagen mit 2,5 Milliarden Euro ins Konto.
Der viel kleinere Premiumhersteller Mercedes-Benz wird mit gut 20 Milliarden Euro nicht weit hinter den Wolfsburgern liegen bei einem Umsatz ebenfalls auf Vorjahresniveau von 150 Milliarden Euro. Die Schwaben konzentrieren sich seit Jahren stärker auf sehr profitable Spitzenmodelle und geizen mit Rabatt. Das soll sich trotz des immer schärferen Gegenwinds nicht ändern: "Wir bleiben unserer Strategie treu und setzen weiter auf 'Value over Volume'", sagte Wilhelm.
(Bericht von Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)