Berlin/München (Reuters) - Mit einer Milliardenbürgschaft sichert die Bundesregierung künftige Großprojekte des kriselnden Energietechnik-Konzerns Siemens Energy ab.
Das Hilfspaket umfasse insgesamt 15 Milliarden Euro, wovon der Bund die Hälfte über eine Bürgschaft absichere, wenn auch die Banken und der ehemalige Mutterkonzern Siemens mitspielten, teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag mit. "Vorbedingung des Bundes war dabei, dass alle Stakeholder sich angemessen an der Absicherung des Unternehmens beteiligen." Siemens Energy rang seit Wochen mit den Banken und dem Bund um Garantien, ohne die das Unternehmen sein mit 110 Milliarden Euro gefülltes Auftragsbuch nicht abarbeiten könnte. Im Gegenzug für die Staatshilfe müssen die Aktionäre bis auf weiteres auf Dividenden und der Vorstand um Jochen Bruch auf Boni verzichten.
"Wir freuen uns über die klare Unterstützung der Bundesregierung für Siemens Energy und das damit verbundene Bekenntnis für die zügige Umsetzung der Projekte zum Gelingen der Energiewende", erklärte das Unternehmen. Das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) sprach von intensiven Verhandlungen mit Siemens Energy und der Siemens AG, die noch 25,1 Prozent an der ehemaligen Energietechnik-Tochter hält. Auf sie können die Banken zuerst zurückgreifen, wenn bei den Aufträgen für Siemens Energy Risiken von bis zu einer Milliarde Euro schlagend werden sollten. Insidern zufolge hat sich die Siemens AG für diesen Fall aber bei Siemens Energy abgesichert.
"Wir haben uns von Anfang an dafür eingesetzt, die bestmögliche Lösung für alle interessierten Parteien zu finden", sagte ein Siemens-Sprecher in München. Zu Details werde man sich erst äußern, wenn alle Genehmigungen vorlägen und die Verträge unterschrieben seien. Für elf Milliarden Euro garantieren die Banken, bis zu 7,5 Milliarden davon würde der Bund übernehmen. "Weitere drei Milliarden Euro wird sich Siemens Energy in Verhandlungen mit weiteren Stakeholdern sichern", hieß es in der Mitteilung des Ministeriums. Die Grundzüge der Einigung hatten sich bereits seit Montag abgezeichnet.
Erfahrungsgemäß ist das Risiko nicht groß, dass Unternehmen wie Siemens Energy ihre Großprojekte in den Sand setzen. Doch ohne weitere Absicherung wollten die Banken die Garantien in dieser Größenordnung nicht mehr übernehmen, nachdem die Bonität des Konzerns durch die Milliardenverluste in der Wind-Sparte gelitten hatte. "Denn bei den Garantiestellern könnten Klumpenrisiken auf einem technologisch herausfordernden Markt entstehen", erklärte das Wirtschaftsministerium. Siemens Energy hatte in den Verhandlungen darauf verwiesen, dass auch seine Konkurrenten von staatlichen Garantien profitierten.
Großaktionär Siemens stärkt zudem die Eigenkapitaldecke von Siemens Energy mit rund zwei Milliarden Euro - handelt dabei aber nicht ganz uneigennützig. Denn dafür bekommt Siemens einen Teil des Aktienpakets von Siemens Energy an der gemeinsamen indischen Tochter Siemens Ltd, die bei der Abspaltung vor drei Jahren aus steuerlichen Gründen nicht entflochten worden war. Insidern zufolge stockt Siemens seine Beteiligung an der Indien-Tochter von 51 auf 69 Prozent auf, Siemens Energy bleiben sechs Prozent. Das verbleibende Aktienpaket dient der Siemens AG laut Insidern als Pfand für mögliche Risiken.
Siemens Energy hat für das abgelaufene Geschäftsjahr 2022/23 vor allem wegen der Probleme in der Windkraft-Sparte bei der Tochter Siemens Gamesa einen Verlust von rund 4,5 Milliarden Euro erwartet. Auf der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch werden von Vorstandschef Jochen Bruch Hinweise erwartet, ob und wie es im Geschäft mit der Windkraft weitergeht, die nicht zum "Fass ohne Boden" werden soll.
(Bericht von Christian Krämer, Alexander Hübner und Christoph Steitz; redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)