Ankara (Reuters) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnet Israel als einen Terror-Staat und macht es verantwortlich für Völkermord im Gazastreifen.
Israel verstoße im Gazastreifen gegen das Völkerrecht, sagte Erdogan am Mittwoch im Parlament. Der türkische Präsident, der am Freitag zum Besuch in Berlin erwartet wird, bekräftigte, die radikal-islamische Hamas sei keine Terror-Organisation. Sie sei eine politische Partei, die von Palästinensern gewählt worden sei.
Tatsächlich wurde die Hamas, die mit den Al-Kassam-Brigaden über einen bewaffneten Arm verfügt, 2006 bei der palästinensischen Parlamentswahl im Gazastreifen stärkste Partei. Dem Wahlsieg folgte ein kurzer Bürgerkrieg zwischen Anhängern der Hamas und der rivalisierenden Fatah-Bewegung, die im Westjordanland die Geschicke bestimmt und von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas geleitet wird. Seit 2007 kontrolliert die Hamas den Gazastreifen. Wahlen gab es seither weder im Gazastreifen noch im Westjordanland. Zwar hatten sich Fatah und Hamas für 2021 auf Präsidenten- und Parlamentswahlen geeinigt. Sie wurden aber wenige Wochen davor von Abbas abgesagt. Es wurde vermutet, dass er eine Wahlschlappe befürchtete. Seither gab es in den beiden Palästinenser-Gebieten keine Wahlen mehr.
Erdogan hatte die Hamas bereits zuvor als Befreiungsorganisation bezeichnet und damit Kritik westlich geprägter Staaten ausgelöst. Die Türkei stuft die Hamas - anders als zum Beispiel die USA, Israel und Deutschland - nicht als Terrororganisation ein.
In seiner Rede im Parlament forderte Erdogan zudem den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf, öffentlich zu machen, ob Israel Atombomben besitzt oder nicht. Seiner Ansicht nach sei es klar, dass Israel solche Waffen habe. Hintergrund ist die umstrittene Äußerung des damaligen israelischen Kulturministers Amichai Elijahu, der in einem Interview sagte, der Abwurf einer Atombombe auf den Gazastreifen und die Tötung aller Menschen dort sei "eine Option", mit der Bedrohung durch die Hamas umzugehen. Netanjahu hatte den ultrarechten Minister daraufhin suspendiert und erklärt, dessen Äußerungen entsprächen nicht der Realität.
Israel wird international zu den faktischen Atommächten gezählt, hat den Besitz allerdings nicht offiziell bestätigt. Das Land hat den Atomwaffensperrvertrag, der die Nichtverbreitung von Atomwaffen vorsieht, nicht unterzeichnet. Dies haben unter anderem auch Pakistan und Indien nicht getan, die aber solche Waffen offiziell besitzen.
(Bericht von: Huseyin Hayatsever, Tuvan Gumrukcu, Sabine Ehrhardt, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)