Berlin (Reuters) - Ökonomen begrüßen die Verständigung der Regierungsparteien für eine Rückkehr der Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants und Cafés von sieben auf 19 Prozent.
"Der Ampel gebührt Lob, dass sie jetzt endlich stärker priorisiert", sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Argumente der Gastronomiebranche für eine Entfristung der Steuersubvention seien immer schwach und widersprüchlich gewesen. "Diese sehr teure Vergünstigung ist sozial problematisch, weil sie besonders den Wohlhabenden zugutekommt", sagte Heinemann.
Zudem sei ihre eigentliche Begründung mit der Pandemie weggefallen. "Und sie fußte auf dem Missverständnis, dass man Strukturwandel einer Branche durch Dauersubventionen begleiten sollte", sagte Heinemann. "Dennoch war die Kampagne der Lobbies aus Gastronomie und Großhandel laut und aggressiv." Das Bundesverfassungsgericht und die erstarkte Schuldenbremse wirkten jetzt wie ein wirksamer Damm gegen diese Kampagne.
Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Monika Schnitzer. "Es ist einfach nicht gut zu vermitteln, dass eine bestimmte Branche jetzt dauerhaft so stark unterstützt wird, indem man die Mehrwertsteuer absenkt", sagte die Wirtschaftweise im Deutschlandfunk. Man müsse sich fragen, welche Branchen in der neuen Situation dauerhaft Schwierigkeiten hätten und nur mit Subventionen überleben könnten. "Da muss es dann schon einen Strukturwandel geben", sagte die Ökonomin. "Das wird auch für die Gastronomie gelten."
Das Finanzministerium hatte im September das Volumen der Umsatzsteuerreduzierung auf 3,4 Milliarden Euro beziffert. Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie war in der Corona-Pandemie von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden, um die Branche zu stützen. Wegen der Energiekrise wurde die Regelung bis Ende 2023 verlängert.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat sich für ein Festhalten am niedrigeren Mehrwertsteuersatz ausgesprochen. "Im Falle einer Steuererhöhung auf 19 Prozent droht 12.000 Betrieben das Aus", hatte Dehoga-Präsident Guido Zöllick gemahnt. "Wir wollen, dass Gastronomie bezahlbar bleibt sowie die kulinarische Vielfalt und Esskultur in unserem Land erhalten werden."
(Bericht von Rene Wagner. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)