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Gespanntes Warten auf Moody's Rating - Entgeht Italien Ramsch-Bewertung?

17.11.2023
um 13:47 Uhr

Rom (Reuters) - Mit gespannter Erwartung sehen Investoren einer Entscheidung der Ratingagentur Moody's zur Bonität Italiens entgegen.

Sollte die Agentur am Freitag den Daumen über dem Land senken und dessen Kreditwürdigkeit auf Ramsch-Status herabsetzen, könnte dies an den Finanzmärkten in Europa und darüber hinaus zu Schockwellen führen. Die Lage für die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone ist heikel, da die Bonitätswächter von Moody's das Land mit einer Bewertung von aktuell Baa3 nur einen Tick über dem Ramsch-Status ansiedeln. Hinzu kommt, dass Moody's als einzige der großen Ratingagenturen den Ausblick Italiens bereits als negativ einstuft. Die Entscheidung steht am Abend (nach 22.00 Uhr MEZ) an.

Italien kämpft auch unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit einer hohen Neuverschuldung. Analysten halten es jedoch für eher unwahrscheinlich, dass Moody's dem Land mit Blick auf seine Kreditwürdigkeit den Schrott-Stempel aufdrücken wird. Eine Herabstufung hätte für Italien, andere Länder und auch die Währung der Euro-Zone voraussichtlich gravierende Folgen: Die Renditen italienischer Anleihen würden steigen und damit die Refinanzierungskosten des hoch verschuldeten Staates erhöhen. Auch andere Südstaaten der Euro-Zone könnten dann in den Abwärtsstrudel geraten. Als Folge einer solchen Kaskade dürfte auch der Euro unter Druck geraten.

Sollte es zu solchen Verwerfungen kommen, könnte dies auch die Europäische Zentralbank (EZB) wieder auf den Plan rufen. Sie hat für Fälle wie diese ein Krisenmittel parat: das Anleihenkauf-Instrument TPI zur Stützung hoch verschuldeter Euro-Länder. Diese im Fachjargon als "Transmission Protection Instrument" bekannte Notfall-Maßnahme soll dabei helfen, dass die Geldpolitik gleichmäßig im gemeinsamen Währungsraum wirken kann und es nicht zu einem Auseinanderdriften der Finanzierungskosten der einzelnen Euro-Staaten kommt. Es wurde bislang noch nicht eingesetzt. Ein Insider innerhalb der EZB ging unlängst davon aus, dass eine Diskussion über die Aktivierung von TPI in Gang kommen könnte, wenn der Renditeabstand (Spread) zur deutschen Anleihe 2,50 Punkte (im Fachjargon: 250 Basispunkte) übersteigen sollte. Zuletzt lag er bei 171 Basispunkten.

"ABSCHÜSSIGE BAHN"

Die Schuldenpapiere würden sich bei einer solchen Ausweitung des Spreads auf "einer abschüssigen Bahn bewegen", die zu noch größeren Turbulenzen führen könnte, wenn der Markt nicht anderweitig beruhigt werde, warnte die Bank ING am Dienstag in einem Hinweis an ihre Kunden.

Doch gerade diese weitreichenden Folgewirkungen könnten die US-Ratingagentur Moody's nach Ansicht mancher Analysten davon abhalten, dem als chronisch wachstumsschwach geltenden Land den Ramsch-Status zu verpassen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte im dritten Quartal, nachdem es zwischen April und Juni um 0,4 Prozent geschrumpft war. Zugleich sieht der italienische Haushalt für 2024 Steuersenkungen und erhöhte Ausgaben vor. Dabei hat Italien nach Griechenland in Euroland auf dem zweithöchsten Schuldenberg gemessen am BIP angehäuft: Die EU-Kommission geht davon aus, dass er 2024 die Marke von 140 Prozent des BIP übersteigt und 2025 noch weiter anwächst.

(Bericht von Gavin Jones, Sara Rossi, geschrieben von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)