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Kritik an Schuldenbremse eint Grünen-Parteitag

24.11.2023
um 08:32 Uhr

Karlsruhe (Reuters) - Inmitten der Haushaltskrise des Bundes dringen die Grünen auf eine Lockerung der Schuldenbremse und mehr Investitionen.

"Mit der Schuldenbremse, wie sie ist, haben wir uns freiwillig die Hände auf den Rücken gefesselt und ziehen in einen Boxkampf", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstagabend bei einem Bundesparteitag in Karlsruhe. Klimaneutralität sei zum umkämpften Wettbewerb geworden, den die USA und China mit großer Entschlossenheit und viel Geld führten. Co-Parteichef Omid Nouripour mahnte: "Kaputtsparen geht nicht."

Für die Kritik an der Schuldenbremse gab es großen Rückhalt durch die Partei, die seit langem eine Aufweichung fordert. Vereinzelt gab es von Delegierten Kritik am Kurs der Grünen in der Bundesregierung. Die Grünen ließen sich von SPD und FDP "am Nasenring durch die politische Manege ziehen", sagte ein Delegierter. Ein anderer sprach von "ständiger Schönrednerei von schlechten Kompromissen" etwa bei der Kindergrundsicherung oder beim Bürgergeld, das immer noch zu niedrig sei: "Es braucht endliche höhere Steuern für die Reichen in diesem Land."

Auf dem Parteitag steht am Freitag die Wiederwahl der Doppelspitze aus Nouripour und Ricarda Lang zur Wiederwahl. Im Laufe des viertägigen Parteitages mit etwa 825 Delegierten sollen auch die Kandidaten für die Europawahl am 9. Juni 2024 bestimmt und das Wahlprogramm beschlossen werden.

KRETSCHMANN GREIFT ASYLDEBATTE VOR

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann griff der am Samstag anstehenden Asyl-Debatte vor. Auch in der Flüchtlingspolitik müssten sich die Grünen einem Realitätscheck unterziehen: "Das ist kein Kurs der Abschottung. Das ist der Kurs des richtigen Maßes." Über die Flüchtlingspolitik werden hitzige Diskussionen erwartet. Zu einem Dringlichkeitsantrag der Parteiführung liegen 130 Änderungsanträge vor. Darin spricht die Parteiführung zwar nicht von einer Begrenzung der Zuzugszahlen, erklärt aber, es müssten dort, "wo die Kapazitäten erschöpft sind, (...) auch die Zahlen sinken".

Habeck wie auch Nouripour riefen ihre Partei zu Augenmaß und Kampfeswillen auf. Für seine rund 20-minütige, auf nur sechs Minuten angesetzte Rede erhielt Habeck anhaltenden Applaus der stehenden Delegierten. Er wandte sich gegen eine große Koalition und griff die Union unter CDU-Chef Friedrich Merz an. Die Union unter Merz sei nicht in der Lage, in der Realität anzukommen, warf Habeck der größten Oppositionsfraktion vor. "Sie weiß nicht, was sie will, aber das umso lauter und davon ganz viel."

Für die Grünen beanspruchte Habeck, sie stünden in der politischen Mitte und gäben in Zeiten des Umbruchs Sicherheit. Der Parteitag werde "mit darüber entscheiden, ob sich in Zukunft Mehrheiten gegen uns finden oder ob wir die Mehrheiten organisieren und prägen", erklärte er. "Und Letzteres ist unsere Aufgabe, unsere Pflicht und ich denke unsere Schuldigkeit."

Nouripour forderte: "Lasst uns ausstrahlen, dass wir offene Herzen, offene Arme, offene Augen und offene Ohren haben, auch für Konzepte anderer." Die Grünen seien nicht verzagt und gingen nicht in die Nische zurück.

(Bericht von Reuters-TV; Geschrieben von Holger Hansen; Redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)