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Vorfahrt für Haushalt 2023 - Lindner sieht ab 2024 starken Sparzwang

24.11.2023
um 14:48 Uhr

- von Christian Krämer und Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung will in der schwelenden Haushaltskrise nächste Woche zumindest das Budget für 2023 neu aufstellen.

Die Verhandlungen über den Etatentwurf 2024 liegen dagegen weiter auf Eis. Finanzminister Christian Lindner schwor am Freitag die Ampel-Koalition seiner FDP mit SPD und Grünen auf einen harten Sparkurs ab nächstem Jahr ein, während diese auf höhere Ausgaben dringen.

Der geplante Nachtragshaushalt für 2023 soll Anfang kommender Woche vom Kabinett verabschiedet werden, wie Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt in Berlin sagte. Der Bundestag könne dann bereits nächste Woche darüber beraten. Dies ist für Freitag nächster Woche geplant. Zuvor könnte das Kabinett im schriftlichen Umlaufverfahren zugestimmt haben. Kanzler Olaf Scholz (SPD) dürfte sich nächsten Dienstag im Rahmen einer Regierungserklärung zur aktuellen Misere äußern. Zuvor sei eine Video-Botschaft ohne Möglichkeit für Nachfragen geplant, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Mit dem Nachtragshaushalt wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erneut und bereits das vierte Jahr in Folge ausgesetzt. So verschafft sich die Ampel die Möglichkeit, die in diesem Jahr ohnehin schon geplante Neuverschuldung deutlich zu erhöhen. Dabei geht es nach Angaben aus dem Finanzministerium um einen zusätzlichen Betrag von etwa 45 Milliarden Euro, der vor allem die Ausgaben des Energie-Krisenfonds WSF auf eine andere Grundlage stellen soll. So will die Bundesregierung die Konsequenz aus dem Urteil des Verfassungsgerichts ziehen, das die Übertragung von 60 Milliarden Euro alter Notlagen-Kredite in den Klimafonds für verfassungswidrig erklärt hatte. Das Urteil hat auch Folgen für den WSF, den die Regierung 2022 mit Kreditermächtigungen von 200 Milliarden Euro ausgestattet hatte.

"ERHEBLICHER KONSOLIDIERUNGSBEDARF"

Wie die Auswirkungen auf den Haushalt 2024 sind, ist im Detail noch unklar. "Strukturelle Änderungen bei den Ausgaben sind aus meiner Sicht unausweichlich", schrieb Lindner im Kurznachrichtendienst X. "Wir haben erheblichen zusätzlichen Konsolidierungsbedarf." In einem "Handelsblatt"-Interview hatte der FDP-Chef zuvor von zweistelligen Milliardenbeträgen gesprochen, um beispielsweise die Pläne zur Erneuerung der Infrastruktur und für Investitionen in Technologie umzusetzen. Dabei müsse man die Haushalte 2024 und 2025 zusammen betrachten. Lindner sieht Sparpotenzial im Sozialetat, was die SPD aber ablehnt.

Einer von SPD und Grünen ins Spiel gebrachten Reform der Schuldenbremse erteilte Lindner eine klare Absage: "Die Schuldenbremse ist geltendes Verfassungsrecht. Sie ist gerade gestärkt worden." Es fehle im Bundestag auch die notwendige Zweidrittelmehrheit für Änderungen. Scharfe Kritik an der Schuldenbremse übten die Grünen bei ihrem Parteitag in Karlsruhe: "Mit der Schuldenbremse, wie sie ist, haben wir uns freiwillig die Hände auf den Rücken gefesselt und ziehen in einen Boxkampf", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstagabend.

Trotzdem lehnt eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger eine Lockerung der Schuldenbremse ab. Nur 35 Prozent sind dafür, 61 Prozent wollen aber keine Änderungen, wie aus dem ZDF-Politbarometer hervorgeht, das der Sender veröffentlichte. Die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fehlenden 60 Milliarden Euro im Klimafonds KTF sollen laut der Umfrage, die auf einer Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen basiert, hauptsächlich durch Ausgabenkürzungen aufgebracht werden. Dafür plädieren 57 Prozent. Elf Prozent sind für Steuererhöhungen, 23 Prozent für zusätzliche Schulden.

(redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)