- von Markus Wacket
Berlin (Reuters) - Bahnreisende müssen sich auf weitere Streiks der Lokführergewerkschaft GDL einstellen.
Die GDL erklärte am Freitag die Verhandlungen für gescheitert und kündigte ausgeweitete Arbeitskämpfe an. Die Deutsche Bahn sei nicht auf Kernforderungen der Gewerkschaft eingegangen. "Das macht die Findung eines Kompromisses unmöglich," sagte GDL-Chef Claus Weselsky. "Wir werden deshalb, nachdem wir die Verhandlungen jetzt scheitern lassen haben, als nächstes jetzt den Arbeitgeber weiter unter Druck setzen." Einen Zeitpunkt für neue Streiks nannte er nicht. Offen blieb auch, wie die Tarifgespräche weitergeführt werden sollen. Eine Schlichtung lehnte Weselsky ab. Die Bahn äußerte Unverständnis: "Die GDL will mit dem Kopf durch die Wand", kritisierte Personalvorstand Martin Seiler. Er forderte, den Reisenden zumindest über Weihnachten Sicherheit zu geben.
Bei der jüngsten Tarifrunde waren am Donnerstagmorgen die gegensätzlichen Positionen noch einmal deutlich geworden. Die GDL hatte zum Auftakt die Forderung einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich sowie eine Ausdehnung der GDL-Tarifverträge auf Netz- und Instandhaltungssparte der Bahn betont. "Wenn man mit einem Arbeitgeber nicht über diese Elemente verhandeln kann, ist man nicht in der Lage, Kompromisse zu finden", sagte Weselsky. "Wir sehen keine Möglichkeiten, mit diesem Arbeitgeber Kompromisse zu finden und bedauern außerordentlich, dass wir die Fahrgäste, die Kunden der Deutschen Bahn weiter beeinträchtigen müssen."
LOKFÜHRERGEWERKSCHAFT HATTE BEREITS 20 STUNDEN GESTREIKT
Die Lokführergewerkschaft hatte bereits vor einer Woche einen 20-stündigen Streik gestartet, woraufhin die Bahn die parallel geplanten Verhandlungen absagte. Die Gewerkschaft hat zudem eine Urabstimmung zu einem unbefristeten Streik eingeleitet, das Ergebnis soll um Weihnachten vorliegen. Laut Weselsky soll allerdings über die Weihnachtstage die Arbeit nicht niedergelegt werden. Genauer wurde der Zeitraum nicht eingegrenzt.
Die Bahn kritisierte, die Aussagen der GDL seien ohne konkretes Datum für die Reisenden nichts wert. Die meisten führen vor oder nach den Weihnachtstagen.
Unverständlich sei auch, dass die GDL die Verhandlungen bereits nach zwei Terminen für gescheitert erklärt habe. Noch am Donnerstag habe man in sachlicher Atmosphäre gesprochen. "Wir hätten gerne weiter an dem gearbeitet, was möglich ist. Denn wir sind bereit für Kompromisse und Lösungen", betonte Personalvorstand Seiler.
Die Bahn lehnt allerdings die verlangte Arbeitszeitverkürzung wegen der Knappheit von Arbeitskräften ab. Würde man die GDL-Forderung erfüllen, müssten 10.000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, was auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt unmöglich sei. Ebenfalls abgelehnt wird eine Ausdehnung der Tarifverträge der GDL auf weitere Sparten. Kerngebiet der GDL sind Lokführer und Zugbegleitpersonal. Laut Bahn verhandelt die GDL so für insgesamt 10.000 Beschäftigte. Dies sei auch gesetzlich so definiert, da die GDL in anderen Betrieben der Bahn keine Mehrheit hat. Für diese hat die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandelt.
Die GDL fordert für Schichtarbeiter eine Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden, dazu 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro. Die Bahn hat elf Prozent mehr Lohn und Gehalt bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 32 Monaten geboten. Das hatte die GDL bereits als völlig unzureichend abgelehnt.
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