- von Bassam Masoud und Janis Laizans
Von der israelischen Grenze zum Gazastreifen (Reuters) - Nach dem erstmaligen Inkrafttreten einer vorläufigen Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der Hamas hat die radikal-islamische Palästinenser-Organisation mehrere Geiseln freigelassen.
Insgesamt 24 im Gazastreifen festgehaltene Geiseln, darunter israelische Frauen und Kinder, sowie thailändische Landarbeiter kamen am Freitag frei, wie das Rote Kreuz mitteilte. Im Gegenzug wurden 39 palästinensische Frauen und Teenager aus israelischen Gefängnissen entlassen, wie das Außenministerium Katars mitteilte.
Das Emirat hatte die Vereinbarung vermittelt, die während einer zunächst viertägigen Feuerpause die Freilassung von insgesamt 50 Geiseln sowie 150 palästinensischen Gefangenen vorsieht. Es ist die erste Waffenruhe seit Beginn des inzwischen gut siebenwöchigen Kriegs. Israel hat sich bereiterklärt, sie über die bislang zugesagten vier Tage hinaus zu verlängern, sofern die Hamas täglich mindestens zehn weitere Geiseln freilässt. Hamas-Kämpfer hatten am 7. Oktober im Süden Israels ein Massaker angerichtet und rund 240 Geiseln genommen.
Israelischen Medienberichten zufolge wurden 13 Frauen und Kinder an das Rote Kreuz und ägyptische Sicherheitskräfte übergeben. Ägyptischen Sicherheitskreisen zufolge war vorgesehen, dass die Gruppe über Ägypten nach Israel zurückkehrt. "Der tiefe Schmerz, den Familienmitglieder empfinden, die von ihren Angehörigen getrennt sind, ist unbeschreiblich. Wir sind erleichtert, dass einige von ihnen nach langen Qualen wieder zusammengeführt werden", sagte der Regionaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz für den Nahen und Mittleren Osten, Fabrizio Carboni.
Die Freilassung der Thailänder, die zum Zeitpunkt des Hamas-Überfalls im Süden Israels als Landarbeiter tätig waren, wurde unterdessen einem Insider zufolge unabhängig von der Waffenruhe-Vereinbarung ausgehandelt - allerdings ebenfalls unter Vermittlung Katars. Eine Bestätigung seitens Israels oder der Hamas zu den Angaben lag zunächst nicht vor.
ERSTE LKW-HILFSLIEFERUNGEN ÜBER GRENZÜBERGANG RAFAH
Größere Kampfhandlungen wurden nach Beginn der Waffenruhe um 07.00 Uhr Ortszeit (06.00 Uhr MEZ) nicht gemeldet, auch wenn sich die Kriegsparteien gegenseitig sporadischen Beschuss und andere Verstöße vorwarfen. In zwei israelischen Dörfern nahe des südlichen Gazastreifens ertönten Luftalarmsirenen, die vor möglichen palästinensischen Raketenangriffen warnten. Ein israelischer Regierungssprecher erklärte, die Hamas habe eine Rakete abgefeuert. Es gab jedoch keine Berichte über Schäden.
Rund eineinhalb Stunden nach Beginn der Waffenruhe passierten erste Lastwagen mit Hilfsgütern von Ägypten aus den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen. Zwei Fahrzeuge von ägyptischen Organisationen trugen Transparente mit der Aufschrift "Gemeinsam für die Menschlichkeit", auf einem weiteren war "Für unsere Brüder in Gaza" angebracht, wie auf TV-Bildern der Nachrichtenagentur Reuters zu sehen ist. Zahlreiche weitere Lkw warteten in einer Schlange vor dem Übergang auf ihre Abfahrt. Ägypten kündigte an, täglich 130.000 Liter Diesel und vier Lkw-Ladungen mit Gasflaschen in den Gazastreifen zu liefern, sollte die Waffenruhe halten. Täglich könnten rund 200 Lkw humanitäre Hilfe über Rafah in das Palästinenser-Gebiet bringen, hieß es.
In den Stunden vor der Waffenruhe war es weiter zu Kämpfen gekommen. "Dies werden komplizierte Tage sein und nichts ist sicher", sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari. "Die Kontrolle über den nördlichen Gazastreifen ist der erste Schritt eines langen Krieges, und wir bereiten uns auf die nächsten Phasen vor", fügte er hinzu. Beide Seiten haben erklärt, den Kampf nach der Waffenruhe wieder aufzunehmen.
(Geschrieben von Christian Rüttger und Jörn Poltz, redigiert von Scot W. Stevenson.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)