Reuters

Ringen um Verlängerung von Waffenruhe im Gazastreifen

27.11.2023
um 16:32 Uhr

(Weitgehend neu)

- von Bassam Masoud und Dan Williams

Dubai/Jerusalem/Gaza (Reuters) - Im Gaza-Krieg zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas zeichnet sich eine Verlängerung der viertägigen Waffenruhe ab.

Vermittler aus Ägypten, Katar und den USA seien im Begriff, entsprechende Verhandlungen abzuschließen, hieß es am Montag aus ägyptischen Sicherheitskreisen. Eigentlich sollte die seit Freitag andauernde viertägige Waffenruhe am Montagabend enden. Die Hamas strebt eine Verlängerung um weitere vier Tage an, während Israel erklärt hat, die Waffenruhe täglich verlängern zu wollen, wenn dafür im Gegenzug zehn Geiseln am Tag freigelassen würden. Israel will in diesem Fall jeweils drei Mal so viele palästinensische Häftlinge ziehen lassen.

Bei dem Austausch von Gefangenen stockte es unterdessen allerdings. Israel und die Hamas äußerten einem Insider zufolge am Montag Bedenken über die Liste der verschleppten Menschen und palästinensischen Häftlinge, die im Lauf des Tages im Austausch freigelassen werden sollten. Die katarischen Vermittler arbeiteten daran, die Bedenken auszuräumen, sagte eine in den Vorgang eingeweihte Person. Bei den vorherigen Freilassungen hatten Israel und die Hamas die entsprechende Liste mindestens zwölf Stunden vor deren Freilassung ausgetauscht.

US-Präsident Joe Biden sagte, die Waffenruhe müsse so lange andauern, bis alle Geisel freigelassen seien. Auch die Europäische Union äußerte sich entsprechend. Eine Verlängerung der Feuerpause birgt nach Einschätzung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell eine Chance für die internationale Gemeinschaft, an einer politischen Lösung des Konfliktes zu arbeiten. Die Palästinensische Autonomiebehörde müsse die Kontrolle über den Gazastreifen von der Hamas zurückgewinnen und eine "bessere und praktikablere" Alternative anbieten, sagte Borrell in Barcelona. In den Palästinensergebieten solle so schnell wie möglich gewählt werde, und Israel solle dabei kooperieren.

"WIE TIEF DIE GRÄBEN GERADE AKUT SIND"

In der spanischen Hafenstadt trafen sich am Montag Außenminister aus Ländern des Mittelmeerraums. Israel nahm an dem Treffen allerdings nicht teil, was nach den Worten von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeige, "wie tief die Gräben gerade akut sind". Deshalb sei es umso wichtiger, miteinander zu sprechen, sagte Baerbock in Barcelona. Drei Fragen seien entscheidend: Alle Geiseln müssten befreit, das Leid der Menschen im Gazastreifen müsse gelindert werden und es müsse eine dauerhafte Waffenruhe geben, um eine politische Lösung in dem Konflikt zu erzielen. "Israelis können nur in Sicherheit leben, wenn Palästinenser in Sicherheit leben."

Am Sonntag hatte die Hamas eine dritte Gruppe von Geiseln im Gazastreifen freigelassen. 13 Israelis sowie vier Ausländer wurden dem Roten Kreuz übergeben. Unter den freigelassenen Geiseln war US-Angaben zufolge auch ein vierjähriges amerikanisches Kind, dessen Eltern bei dem Überfall der Hamas auf Zivilisten in Israel am 07. Oktober ums Leben gekommen waren. Insgesamt hat die Hamas damit 58 Geiseln seit Freitag freigelassen, darunter auch mindestens vier deutsche Staatsbürger. Israel hat im Gegenzug bislang 117 palästinensische Häftlinge ziehen lassen.

STOLTENBERG: IRAN MUSS "STELLVERTRETER" ZÜGELN

Während der Feuerpause gelangen zudem dringend benötigte Hilfsgüter in den Gazastreifen. Israel befürchtet allerdings, dass davon auch die Hamas profitiert und sich die radikal-islamische Organisation wieder neu formieren könnte, während die Waffen schweigen. Andererseits ist es eines der erklärten Kriegsziele Israels, alle Geiseln wohlbehalten zu befreien. Am 07. Oktober töteten Hamas-Kämpfer bis zu 1200 Menschen in Israel, die meisten davon Zivilisten. Zudem wurden etwa 240 Menschen in den Gazastreifen als Geiseln verschleppt. Nach Angaben eines israelischen Regierungssprechers befinden sich noch 184 Geiseln im Gazastreifen, darunter 14 Ausländer und 80 Israelis mit doppelter Staatsbürgerschaft.

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte eine Verlängerung der Waffenruhe. Den Iran forderte Stoltenberg auf, seine "Stellvertreter" in der Region zu zügeln. Er spielte damit darauf an, dass der Iran als der wichtigste Unterstützer der Hamas gilt. Die Hamas ist Teil eines regionalen Bündnisses, zu dem der Iran, Syrien und die radikal-islamische Hisbollah-Miliz im Libanon gehören, die das Existenzrecht Israels leugnen. Jordanien sprach sich für eine umfassende Friedenslösung für die Region aus. Es könne nicht nur für den Gazastreifen ein Nachkriegs-Konzept gesucht werden, sagte Außenminister Ayman Safadi in Barcelona. Erforderlich sei vielmehr eine Zwei-Staaten-Lösung.

(Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)