Washington (Reuters) - Fed-Direktor Christopher Waller sieht die Notenbank im Kampf gegen die Inflation gut gerüstet und denkt bereits über eine künftige Zinssenkung nach.
Es gebe gute ökonomische Argumente für eine geldpolitische Lockerung, falls die Inflation noch weitere Monate zurückgehe, sagte er am Dienstag. Er wolle sich aber nicht auf eine Zeitspanne festlegen: "Ich weiß nicht, wie lange das sein mag - drei Monate, vier Monate, fünf Monate." Er sei zunehmend zuversichtlich, dass die Geldpolitik derzeit gut positioniert sei, um die Wirtschaft zu bremsen und die Inflation wieder auf zwei Prozent zu bringen. Die Äußerungen Wallers erfreuten die Anleger an der Wall Street, woraufhin die wichtigsten Indizes ins Plus drehten.
Die Rendite der zweijährigen Staatsanleihe, die besonders sensibel auf mögliche Veränderungen der Geldpolitik reagiert, fiel auf 4,780 Prozent. Zudem verringerte sich der viel beachtete Rendite-Abstand - im Fachjargon Spread - zur deutschen zweijährigen Bundesanleihe.
Wallers Direktoriumskollegin Michelle Bowman sieht allerdings noch Zinserhöhungsbedarf. Sie geht davon aus, dass wahrscheinlich noch ein Schritt nach oben nötig wird, um die Inflation zu zähmen. Dies sei ihr "Basis-Szenario" sagte die Währungshüterin.
Der für die Zinspolitik zuständige Offenmarktausschuss der Fed hat die Zinsen bereits auf zwei Sitzungen in Folge nicht angetastet. Die Währungshüter hielten den geldpolitischen Schlüsselsatz Anfang des Monats in der Bandbreite von 5,25 bis 5,50 Prozent und ließen sich die Option einer künftigen Erhöhung zugleich offen. An den Terminmärkten wird allerdings damit gerechnet, dass es nicht mehr dazu kommt.
RASANTER SINKFLUG
Dazu passt, dass Fed-Chef Jerome Powell signalisiert hat, dass die Notenbank nach der zurückliegenden aggressiven Erhöhungsserie nun vorsichtiger agieren könne. Den Währungshütern spielt dabei in die Hände, dass der Preisauftrieb in den USA nachgelassen hat. Die Inflationsrate sank im Oktober auf 3,2 Prozent, nach 3,7 Prozent im September. Die Zentralbank strebt einen Wert von zwei Prozent an, der für die Wirtschaftsentwicklung als ideal gilt.
Der Chef des Fed-Bezirks Chicago, Austan Goolsbee, sieht die Gesamtinflation in einem rasanten Sinkflug. Insgesamt seien Fortschritte bei der Inflation außerhalb des Lebensmittelsektors gemacht worden: "Sie ist rückläufig, sie liegt noch nicht unter dem Ziel, aber 2023 sind wir auf dem Weg, den stärksten Rückgang der Inflationsrate seit 71 Jahren zu erreichen."
Später sagte Goolsbee im Radioprogramm Marketplace, dass er "definitiv" besorgt darüber sei, dass die Zentralbank die Zinsen zu lange auf einem zu hohen Niveau halten könnte. Die Fed müsse die Zinsen senken, sobald die Inflation auf dem Weg zu zwei Prozent sei. "Jeder, der einen Truthahn kocht, weiß, dass man ihn aus dem Ofen nehmen muss, bevor er so weit ist, wie man ihn haben möchte, weil er noch Restwärme hat", fügte er hinzu. "Wenn man glaubt, dass man auf dem Weg ist, die Inflation auf das Zielniveau zu bringen, dann muss man weniger restriktiv vorgehen."
(Bericht von Howard Schneier, Ann Saphir, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Nette Nöstlinger, redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)