Zürich (Reuters) - Der Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont setzt ein Fragezeichen hinter den geplanten Teilverkauf des Verluste schreibenden Onlinehändlers Yoox-Net-a-Porter (YNAP) an die britische Farfetch.
Der Hersteller von Cartier-Schmuck oder IWC-Uhren reagiert damit auf einen Medienbericht, wonach Farfetch-Gründer Jose Neves die Firma von der Börse nehmen wolle. Eine mit der Sache vertraute Person wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob ein Delisting die Transaktion zunichte machen würde.
Richemont hatte im August 2022 vereinbart, einen YNAP-Anteil von 47,5 Prozent an Farfetch zu verkaufen. Im Gegenzug sollten die Genfer Farfetch-Anteile erhalten. Vergangenen Monat gab die Europäische Kommission als letzte Regulierungsbehörde grünes Licht für den Deal. Trotzdem sind Richemont zufolge noch nicht alle Bedingungen für einen Abschluss erfüllt. Aber finanzielle Probleme von Farfetch, die den Aktienkurs in den vergangenen Monaten massiv unter Druck gesetzt hatten, weckten in der Branche Zweifel an einem Vollzug.
Am Dienstag berichtete die Zeitung "Telegraph", dass Farfetch-Gründer Neves die Firma mit Hilfe der Berater von JP Morgan von der New Yorker Börse nehmen wolle. Es werde davon ausgegangen, dass der Schritt von wichtigen Geldgebern wie dem chinesischen E-Commerce-Riesen Alibaba sowie Richemont vorläufig unterstützt werde, hieß es in dem Bericht weiter. Farfetch ist wie YNAP ein Luxusgüter-Onlinehändler und für Richemont vor allem wegen seiner Technologie interessant.
Richemont entgegnete, dass der Konzern keine finanziellen Verpflichtungen gegenüber Farfetch habe und nicht beabsichtige, der Firma Kredite zu gewähren oder in sie zu investieren. "Richemont beobachtet die Situation sorgfältig und prüft seine Optionen in Bezug auf die am 24. August 2022 bekanntgegebenen Vereinbarungen mit Farfetch, die nach wie vor bestimmten Bedingungen und offenen Konditionen unterliegen." Weder die Richemont-Marken noch YNAP hätten bisher die technischen Plattformen von Farfetch übernommen und arbeiten weiterhin auf ihren eigenen Plattformen.
Dies würde es für Richemont leichter machen, sich von der Vereinbarung mit Farfetch zu lösen und einen neuen Käufer oder Technologiepartner für YNAP zu finden, erklärte ZKB-Analyst Patrik Schwendimann. "Unseres Erachtens hat die Wahrscheinlichkeit weiter zugenommen, dass es zu einem 'Plan B' kommen wird, das heißt dass Richemont einen anderen Partner für YNAP suchen könnte." An der Börse zogen die Richemont-Aktien 1,6 Prozent an.
(Bericht von Oliver Hirt, John Revill und Mimosa Spencer, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)