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Benkos Signa-Holding muss sich über Insolvenz sanieren

29.11.2023
um 13:02 Uhr

- von Alexandra Schwarz-Goerlich und Matthias Inverardi

Wien/Düsseldorf (Reuters) - Die Immobilien- und Einzelhandels-Holding Signa des österreichischen Investors Rene Benko ist zahlungsunfähig.

Nach wochenlangem Ringen um eine Rettung des weltumspannenden Imperiums außerhalb der Insolvenz kündigte Signa an, noch am Mittwoch ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beim Wiener Handelsgericht zu beantragen. "Ziel ist eine geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens", hieß es in der Mitteilung. Signa gehören neben prestigeträchtigen Immobilien in Österreich, Deutschland, aber auch in Großbritannien und den USA auch der Warenhausriese Galeria und die Globus-Gruppe in der Schweiz.

Signa räumte ein, dass die Expansion in den stationären Einzelhandel ein Fehlschlag gewesen sei. "Die Investitionen in diesem Bereich haben nicht den erwarteten Erfolg gebracht", erklärte das Unternehmen. Galeria Karstadt Kaufhof hatte in den vergangenen Jahren zweimal ein Sanierungsverfahren durchlaufen und hatte in der Corona-Krise dreistellige Millionenhilfen vom deutschen Staat bekommen. Dazu sei die Krise im Immobiliensektor gekommen. Signa sprach von "externen Faktoren", die sich in den vergangenen Monaten negativ auf das Geschäft ausgewirkt hätten.

Galeria sieht sich von dem Antrag des Eigentümers laut einem Insider zunächst nicht betroffen. Die Warenhauskette mit Kaufhof und Karstadt steuert gerade auf das wichtige Weihnachtsgeschäft zu. Die Einnahmen dort dürften für die nötige Liquidität sorgen. Signa hatte Galeria im Zuge der Sanierung 200 Millionen Euro frisches Kapital in Aussicht gestellt - das Geld dürfte nun nicht mehr fließen. Im Gegenzug könnte Galeria aber die Mieten für die Warenhäuser kürzen, die Signa gehören.

STEIGENDE ZINSEN BRACHTEN IMPERIUM INS WANKEN

Die steigenden Zinsen trafen den Tiroler Investor doppelt, weil er die Immobilien zum großen Teil mit Krediten finanziert hatte. Nach einer Studie der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden allein in den zwei größten Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Milliarden Euro. Davon seien 7,7 Milliarden Euro Kredite gewesen, von denen gut die Hälfte zu variablen Zinsen abgeschlossen worden seien.

"Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", räumte Signa am Mittwoch ein. Die Banken - insgesamt mehr als 100 -, die Benko Geld geliehen haben, hatten sich laut Insidern zwar auf ein Stillhalteabkommen verständigt, wonach sie Zinsen und Tilgung bis auf Weiteres nicht fällig stellen würden. Ihnen drohen im Zuge der Insolvenz teilweise herbe Verluste - je nachdem, ob und womit ihre Kredite besichert sind.

Letztlich fehlten Signa aber kurzfristig rund 400 Millionen Euro, um die laufenden Kosten für Löhne oder die noch laufenden Baustellen zu decken, sagte ein Insider. Bei großen Bauprojekten von Signa etwa in Hamburg ("Elbtower"), München, Berlin oder Düsseldorf hatte es zuletzt schon Baustopps gegeben.

Nun gehe es darum, zusammen mit einem Sanierungsverwalter eine Neuordnung der eigenen Verbindlichkeiten zu erreichen und die Werthaltigkeit der Beteiligungen zu erhalten, erklärte das Unternehmen. Ob das Gericht des Antrag auf Eigenverwaltung stattgibt, ist aber offen. Signa hatte bereits vor Wochen den Insolvenz-Spezialisten Arndt Geiwitz angeheuert, der sich zuvor um die Sanierung von Galeria gekümmert hatte. Geiwitz blieb aber in einer Beraterrolle, anstatt selbst die Führung der Holding zu übernehmen. Er hatte Insidern zufolge auf eine tragfähige Finanzierung einer Sanierung gepocht.

Die ersten Risse im Imperium von Benko zeigten sich schon im Oktober. Der in New York börsennotierte Online-Sporthändler Signa Sports United meldete Insolvenz an, nachdem Signa ihm eine Kapitalspritze über 150 Millionen Euro verweigert hatte. Der Sporthändler Sport-Scheck wurde an den britischen Konkurrenten Frasers verkauft, Anteile an der Luxus-Kaufhauskette Selfridges gingen an den thailändischen Miteigentümer Central Group. Am Freitag hatte bereits eine deutsche Tochter von Signa Prime beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzantrag gestellt. Insider gehen davon aus, dass nun weitere Anträge von deutschen Signa-Gesellschaften folgen werden.

(Geschrieben von Alexander Hübner; redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)