Reuters

Vier europäische Großbanken aus globaler Klimainitiative ausgetreten

29.11.2023
um 14:22 Uhr

- von Tommy Wilkes

London (Reuters) - Vier europäische Großbanken haben Insidern zufolge einer von den Vereinten Nationen unterstützten globalen Initiative zur Überprüfung von Klimazielen den Rücken gekehrt.

Die französische Societe Generale, die niederländische ABN Amro Bank sowie die britischen Geldhäuser Standard Chartered und HSBC ließen ihre Ziele nicht mehr von der Science Based Targets Initiative (SBTi) validieren, sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Geldhäuser befürchteten, sie seien damit künftig weniger in der Lage, in fossile Brennstoffe zu investieren. Dazu gehören etwa Finanzierungen von fossilen Energieprojekten, wie die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder, oder Investments in Öl-, Gas- oder Kohle-Unternehmen.

Die SBTi-Initiative wurde 2015 gegründet. Das Bündnis will Unternehmen dabei unterstützen, sich wissenschaftlich fundierte Klimaziele zu setzen, die mit dem Pariser Klimaabkommen in Einklang stehen. Dieses sieht eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad vor. Die Initiative gibt an, dass weltweit mehr als 4000 Unternehmen bei der Setzung von Klimazielen mit ihr zusammenarbeiten.

Den Insidern zufolge sind einige der Banken der Ansicht, dass die SBTi-Anforderungen an die Festlegung von Klimazielen zu schwer zu erfüllen seien. Die Institute seien jeweils von sich aus innerhalb des letzten Jahres aus der Initiative ausgestiegen. Dabei hätten sich manche auch auf ihre Mitgliedschaft in einem anderen von den Vereinten Nationen unterstützten Bündnis berufen, der Net-Zero Banking Alliance (NZBA). Diese Initiative gilt als weniger strikt und erlaubt es Banken beispielsweise, weiterhin in fossile Brennstoffe zu investieren, solange sie Fortschritte bei der Emissionsverringerung machen. Viele Geldhäuser sind der Auffassung, sie sollten weiterhin Engagements in fossile Brennstoffe eingehen können, solange Volkswirtschaften von diesen abhängig sind.

Das SBTi-Bündnis hatte in diesem Jahr Pläne für einen neuen Standard vorgestellt, der speziell für Finanzunternehmen gelten soll und bereits ab 2024 in Kraft treten könnte. Mit diesem soll künftig von Kreditinstituten und Vermögensverwaltern verlangt werden, keine neuen Projekte für fossile Brennstoffe mehr zu finanzieren. Für das Geldhaus Standard Chartered, das seine Geschäfte in den Energiemärkten weiterführen will, war das wohl zu viel. Die Bank erklärte, sie habe den Validierungsprozess verlassen. Der vorgeschlagene SBTi-Standard berücksichtige nicht ausreichend den Übergang von Kunden und Märkten weg von fossilen Brennstoffen. Das Institut suche nach einer alternativen externen Validierung ihrer Klimaziele und setze ihre wissenschaftlich fundierten Ziele über die NZBA.

VIELE EUROPÄISCHE GROßBANKEN WEITERHIN MITGLIEDER

Bei der HSBC hieß es dazu auf Anfrage, die Bank setze ihre Emissionsziele in Einklang mit den Vorgaben der NZBA. Bei der Societe Generale lautete die Antwort, sie habe sich verpflichtet, ihre Emissionsziele in Übereinstimmung mit der Methodik der NZBA festzulegen. ABN Amro erklärte, die Bank bleibe nach Verlassen der SBTi Mitglied bei der NZBA. Das SBTi-Bündnis teilte mit, sie habe nach Rückmeldungen einige ihrer Anforderungen geändert. Sie werde Banken künftig erlauben, weiterhin einige Projekte für fossile Brennstoffe zu finanzieren. Sie werde jedoch weiter verlangen, die Finanzierung von solchen Projekten einzustellen, die die langfristigen Emissionsziele belasten würden. "Wir können die globale Erwärmung nicht auf 1,5 Grad Celsius begrenzen und die Risiken eines Klimazusammenbruchs abwenden, ohne unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern," erklärte das Bündnis.

Die meisten großen europäischen Banken, die sich der SBTi angeschlossen haben, sind weiterhin Mitglieder. Die französische Credit Agricole, die niederländische ING, BBVA aus Spanien und die Swedbank teilten Reuters mit, sie blieben weiter dabei, dass die SBTi ihre Emissionsziele validiere. Die SBTi hat bereits einige Ziele der Frankfurter Commerzbank und der österreichischen Raiffeisen Bank International abgesegnet. Die französische Großbank BNP Paribas ließ Anfragen nach einem Kommentar zu ihrem Status bei der SBTi unbeantwortet. Bislang ist keine große US-Bank der SBTi-Initiative beigetreten. Stattdessen entschieden sich die US-Geldhäuser für die schwächeren Standards der NZBA.

(Bearbeitet von Frank Siebelt; Redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)