München (Reuters) - Die deutschen Lebensversicherer wollen ihren Kunden vom 2025 an wieder eine höhere Verzinsung auf ihre Policen zusagen dürfen.
Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), der Berufsverband der Versicherungsmathematiker, schlägt eine Erhöhung des Höchstrechnungszinses für Neuverträge auf 1,00 von 0,25 Prozent vor, wie sie am Donnerstag mitteilte. Damit würde er zum ersten Mal seit gut 30 Jahren wieder steigen. Der Höchstrechnungszins begrenzt den Garantiezins, den Versicherer über die gesamte Laufzeit eines Lebenvsersicherungsvertrages garantieren dürfen. Die darüber hinausgehende Überschussbeteiligung wird jedes Jahr neu festgelegt.
"Aktuell kann man davon ausgehen, dass auch die Renditen langfristiger Staatsanleihen über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von 2,0 Prozent verbleiben werden", begründete der neue DAV-Vorstandsvorsitzende Max Happacher die Empfehlung. Damit sei davon auszugehen, dass der Höchstrechnungszins mittelfristig stabil gehalten werden könne. Der Branchenverband GDV bezeichnete die Empfehlung des DAV als angemessene Reaktion auf die gestiegenen Zinsen. "Dies wird sich positiv auf die Gestaltung von Lebensversicherungsprodukten auswirken", sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Auch die Prämien für Risikolebens- und Berufsunfähigkeits-Policen könnten dann tendenziell sinken.
Der DAV und die Finanzaufsicht BaFin geben eine Empfehlung für den Höchstrechnungszins ab, der das Bundesfinanzministerium in der Regel folgt. In der Dauer-Niedrigzinsphase war der Satz immer weiter abgeschmolzen worden, zuletzt 2022 von 0,75 auf 0,25 Prozent. Er orientiert sich an der Rendite, die die Versicherer langfristig mit sicheren Papieren erwirtschaften können, abzüglich eines Sicherheitspuffers von 0,4 Prozent.
Der Höchstrechnungszins hat aber zuletzt an Bedeutung verloren, weil immer mehr Lebensversicherer unter dem Druck der "Solvency II"-Regulierung und der niedrigen Zinsen Produkte nur noch ohne oder mit geringeren Garantien anbieten. An laufenden Verträgen, für die die Lebensversicherer in der Vergangenheit zum Teil Zinsgarantien von vier Prozent ausgesprochen hatten, ändert sich durch eine Neuregelung nichts.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)