Reuters

Einzelhandel überrascht mit kräftigstem Umsatzplus seit gut einem Jahr

30.11.2023
um 08:47 Uhr

Berlin (Reuters) - Die deutschen Einzelhändler haben ihren Umsatz im Oktober überraschend deutlich gesteigert.

Er wuchs um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Inflationsbereinigt (real) gab es mit einem Plus von 1,1 Prozent sogar das stärkste Wachstum seit mehr als einem Jahr. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten hier lediglich mit einer Zunahme um 0,4 Prozent gerechnet.

"Der Zuwachs stoppt den Abwärtstrend der vergangenen Monate", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Die unerwartet positive Entwicklung "sollte aber noch nicht als Trendwende interpretiert werden", fügte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, hinzu. Ein Grund für das Umsatzplus könnte die sinkende Inflation bei gleichzeitig kräftigen Lohnerhöhungen sein. Dadurch wuchsen die Reallöhne in Deutschland im dritten Quartal mit 0,6 Prozent so kräftig wie seit über zwei Jahren nicht mehr und damit bereits das zweite Vierteljahr in Folge.

Ein Konsumboom, der die deutsche Wirtschaft aus der Flaute zieht, ist aber nicht in Sicht. "Die Kaufzurückhaltung dürfte sich in den kommenden Monaten auch nur langsam auflösen, zumal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt massiv Unsicherheit verursacht hat, weil viele Menschen sich jetzt fragen, ob sie von möglichen Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen betroffen sind", sagte Dullien. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Haushaltspolitik der Ampel-Regierung klafft im Etat ein Milliardenloch.

In den ersten zehn Monaten steigerten die Einzelhändler ihren Umsatz um 2,8 Prozent. Real schrumpfte er allerdings um 3,5 Prozent. "Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegelt das gestiegene Preisniveau im Einzelhandel wider", erklärten die Statistiker diese Diskrepanz. Die Händler blicken zurückhaltend auf das anlaufende Weihnachtsgeschäft. Der Branchenverband HDE erwartet November und Dezember 120,8 Milliarden Euro Umsatz und damit ein Plus von 1,5 Prozent. Klammere man gestiegene Preise aus, sei dies real ein Minus von 5,5 Prozent.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)