Berlin (Reuters) - Die lahmende Wirtschaft in Deutschland bremst die übliche Herbstbelebung auf dem Jobmarkt weitgehend aus.
Die Arbeitslosenzahl sank im November zwar auf 2,606 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag mitteilte. Mit einem Minus von 1000 fiel der Rückgang für einen November aber sehr gering aus. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Prozentpunkte auf 5,6 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhte sie sich allerdings um 0,3 Prozentpunkte. Und die Arbeitslosenzahl war um 172.000 höher als im November 2022. "Die konjunkturelle Flaute hinterlässt weiter ihre Spuren am deutschen Arbeitsmarkt", sagte BA-Chefin Andrea Nahles. Die Beschäftigung wachse nur noch wenig und die gemeldete Arbeitskräftenachfrage sei nach wie vor rückläufig.
Um jahreszeitliche Schwankungen bereinigt stieg die Arbeitslosenzahl laut BA im Monatsvergleich um 22.000 auf 2,702 Millionen. Von Reuters befragte Volkswirte hatten mit dieser Zunahme gerechnet. Inflation, gestiegene Zinsen, maue Weltwirtschaft und hohe Energiekosten setzen dem Industrieland Deutschland derzeit zu.
Die größte Volkswirtschaft Europas droht in eine Rezession abzurutschen, nachdem sie bereits im Sommerquartal um 0,1 Prozent leicht geschrumpft ist. "Die Stagnation der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Quartalen wirkt sich im Winter verstärkt auf den Arbeitsmarkt aus", so die Einschätzung von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Auch der Fachkräftemangel habe den Arbeitsmarkt trotz Konjunkturschwäche weiterhin im Griff. Fachkräftesicherung und Stärkung der Produktivität müssten höhere Priorität bekommen, damit die hiesige Wirtschaft auf einem Wachstumspfad bleiben könne.
In der Mehrzahl der Wirtschaftszweige ist die gemeldete Arbeitskräftenachfrage im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken, wie aus dem jüngst veröffentlichten Stellenindex der BA hervorgeht. Besonders stark fallen die Rückgänge unter anderem im Gastgewerbe, in der Zeitarbeit sowie in Verkehr und Logistik aus.
NAHLES SIEHT KEINE INSOLVENZWELLE
Auch wenn derzeit die Insolvenz der Signa Holding des österreichischen Immobilienmoguls Rene Benko Schlagzeilen macht, sieht Nahles keine Pleitewelle auf Deutschland zurollen. Sie räumte allerdings ein, dass ihre Behörde dieses Jahr mehr Geld mit Blick auf Insolvenzen ausgegeben habe als geplant. Dies gehe aber auf "Einzelereignisse" in diesem Jahr zurück. Es gebe keinen Trend, den man als neue Insolvenzwelle bezeichnen könne.
Mit Rücklagen von 2,2 Milliarden Euro beim Insolvenzgeld ist dieses aus Sicht von Nahles "auskömmlich ausfinanziert". Es gebe keinen Grund, Sorgenfalten zu entwickeln, fügte die BA-Chefin hinzu. Das sieht auch der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) so, der keine Insolvenzwelle befürchtet. Im Zuge der Konjunkturflaute hat die Zahl der Firmenpleiten aber zuletzt spürbar zugelegt.
(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Kerstin DörrBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)