Reuters

Kreml-Kritiker Nawalny berichtet von neuen Strafanzeigen

01.12.2023
um 11:12 Uhr

Moskau (Reuters) - Der Kritiker der russischen Führung, Alexej Nawalny, hat von neuen Strafanzeigen gegen sich berichtet.

In den sozialen Medien teilte er am Freitag mit, er sei nun nach Artikel 214 des Strafgesetzbuches angeklagt worden, der Vandalismus regelt. "Ich habe keine Ahnung, was Artikel 214 ist, und ich kann nirgendwo suchen. Ihr werdet es wissen, bevor ich es weiß", schrieb er in einem Beitrag auf Telegram, der durch seine Mitarbeiter veröffentlicht wurde. "Tatsächlich wird alle drei Monate ein neues Strafverfahren gegen mich eingeleitet. Selten hat ein Häftling, der seit über einem Jahr in einer Einzelzelle eingesperrt ist, eine so lebendige soziale und politische Existenz."

Der 47-Jährige verbüßt eine insgesamt mehr als 30 Jahre lange Haft in einer Strafkolonie. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Extremismus, Nawalny bestreitet den Vorwurf. Seine politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland. Im August wurde Nawalny wegen neuer Anklagen im Zusammenhang mit mutmaßlichen extremistischen Aktivitäten verurteilt und zusätzlich zu den elfeinhalb Jahren, die er bereits verbüßte, zu weiteren 19 Jahren Haft verurteilt. Er weist alle Vorwürfe zurück. Sie seien politisch motiviert und zielten darauf ab, seine Kritik an Präsident Wladimir Putin und seiner Regierung zum Schweigen zu bringen, argumentiert Nawalny.

2021 war er aus Deutschland, wo er nach Angaben westlicher Labore wegen einer Vergiftung mit einem Nervengift behandelt worden war, freiwillig nach Russland zurückgekehrt. Bei seiner Ankunft wurde er sofort festgenommen. Das Präsidialamt weist den Vorwurf zurück, es habe versucht, Nawalny töten zu lassen.

Nawalny ist die bekannteste Figur in der zersplitterten Opposition Russlands. Anhänger stellen ihn als eine Persönlichkeit im Stil Nelson Mandelas dar. Dieser war wegen seines Widerstandes gegen die Apartheid in Südafrika zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er verbrachte bis 1990 fast drei Jahrzehnte im Gefängnis, bis der damalige Präsident Frederik de Klerk die Anweisung zu Mandelas Freilassung erteilte. Für ihre gemeinsame Versöhnungspolitik erhielten beide 1993 den Friedensnobelpreis. Ein Jahr später wurde Mandela erster schwarzer Präsident seines Landes und hatte das Amt bis 1999 inne.

(Reuters-Bericht, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)