Reuters

Verabschiedung von neuem Haushalt vor Jahresende zunehmend schwierig

06.12.2023
um 16:27 Uhr

- von Christian Krämer und Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Die Verabschiedung des Haushalts 2024 noch in diesem Jahr wird zunehmend unwahrscheinlich.

Trotz neuer Verhandlungsrunden der Ampel-Spitzen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) gab es vor der Kabinettssitzung am Mittwoch keine Verständigung. Damit wird es immer schwieriger, den angedachten Zeitplan mit Beschlüssen im Parlament kurz vor Weihnachten noch einzuhalten. Die Ampel-Regierung will in Kürze gemeinsame Vorschläge vorlegen, wie der Streit aufgelöst werden kann. Ein neuer Kabinettsbeschluss vor Weihnachten soll zumindest gelingen.

Im Kern geht der Streit um die Frage, ob die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wegen einer Notlage 2024 erneut und dann das fünfte Jahr in Folge ausgesetzt werden sollte. Dies wollen SPD und Grüne, die FDP lehnt es ab. Schon zu Jahresbeginn war der Haushaltsentwurf stark umstritten, nach zähen Beratungen stimmte das Kabinett später als üblich zu. Mitte November hat dann das Verfassungsgericht mit einem weitreichenden Urteil die Koalition erschüttert. Die geplante Verabschiedung des Etats im Bundestag scheiterte. Wenn die Ampel-Spitzen jetzt keinen Kompromiss finden, ist der Fortbestand der Regierung in Gefahr.

Es werde bald Neuigkeiten geben, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Er wolle sich aber nicht auf einen Tag festlegen. Ob das Parlament noch dieses Jahr zustimmen könne, sei offen. Die Ampel-Spitzen seien in intensiven Gesprächen. Ein Doppel-Haushalt für 2024 und 2025 sei nicht geplant. Um die regulären Fristen für die parlamentarische Beratung und Verabschiedung im Bundestag und Bundesrat noch vor den Feiertagen einzuhalten, wäre ein Kabinettsbeschluss am Mittwoch wichtig gewesen. In Kreisen des Haushaltsausschusses hieß es, dass theoretisch auch ein Beschluss bis Ende der Woche im schriftlichen Umlaufverfahren noch reichen könne - wenn man der Regierung Fristverkürzungen einräumt.

Durch den Karlsruher Richterspruch wurden 60 Milliarden Euro aus dem Klimafonds KTF gestrichen. Auch andere Sondertöpfe müssen nun auf eine verfassungsrechtlich solide Grundlage gestellt werden. Lindner beziffert den zusätzlichen Sparbedarf im Haushalt 2024 auf rund 17 Milliarden Euro. An anderer Stelle in der Koalition ist von deutlich höheren Summen die Rede, weswegen SPD und Grüne die Schuldenbremse erneut aussetzen wollen.

LINDNER - NOTLAGE KANN NICHT NORMALITÄT WERDEN

Weitere Verhandlungen der Ampel-Spitzen waren laut Regierungskreisen für Mittwoch geplant. Insidern zufolge gab es zuletzt aber kaum Annäherungen. Lindner wird von Donnerstagnachmittag bis Freitagnachmittag in Brüssel zum Treffen der europäischen Finanzminister erwartet. "Stand jetzt ist geplant, dass er fährt", so ein Sprecherin des Ministeriums.

In der ARD bekräftigte Lindner: "Man kann die Notlage nicht zur Normalität erklären." Es gebe keine Argumente, die ihn überzeugen würden. Die Schuldenbremse war zunächst wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt, später wegen der zwischenzeitlich starken Energiepreissteigerungen als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Sollte dieses Jahr kein Budget für 2024 mehr verabschiedet werden, würde eine vorläufige Haushaltsführung greifen, die es auch nach Bundestagswahlen immer wieder gibt.

STREIT UM NEUEN NEBENHAUSHALT FÜR KLIMASCHUTZ

Die Grünen fordern ein neues Sondervermögen für Investitionen in den Klimaschutz. Dies lehne er ab, sagte Lindner dem Bayerischen Rundfunk. Er warnte davor, immer neue Schulden zu machen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Die Klimapolitik müsse sich im Rahmen der Schuldenbremse bewegen.

Die FDP will vor allem im Sozialbereich sparen. Das gilt kurz vor dem SPD-Parteitag als kaum durchsetzbar. Deswegen nehmen führende FDP-Politiker nun 2025 ins Visier. "Wenn das Bürgergeld 2024 stärker ansteigt als die Inflation, muss es im Jahr darauf eine Nullrunde geben", sagte der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, zu "Bild".

(Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)