Brüssel/Berlin (Reuters) - Die europäischen Finanzminister haben sich in der Nacht zu Freitag noch nicht auf eine Reform der Schuldenregeln einigen können.
Achtstündige Beratungen bei einem Abendessen im kleinen Kreis brachten EU-Vertretern zufolge keinen Durchbruch. Um drei Uhr am Freitagmorgen seien die Minister auseinander gegangen. Die spanische EU-Ratspräsidentschaft erwäge nun ein Sondertreffen der Finanzminister noch im Dezember, vermutlich kurz vor Weihnachten. Viele Regierungen wollten das Thema noch dieses Jahr mit einer politischen Verständigung abräumen, sagte ein Diplomat zu Reuters.
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte am Freitagmorgen, es müsse die richtige Balance gefunden werden zwischen der Möglichkeit zu investieren und dem Abbau der Schuldenstände. "Wir haben einige Fortschritte erzielt." Man sei aber nicht fertig geworden. Eine Verständigung vor dem Jahresende sei aber weiter möglich. "Es ist eine Sache von Tagen."
Die bisherigen EU-Schuldenregeln, die als überholt und unrealistisch gelten, sind seit 2020 ausgesetzt - zunächst wegen der Corona-Pandemie, später wegen der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Ab 2024 sollen sie wieder greifen, weswegen eine Reform drängt. Erstmals zur Anwendung kämen die neuen Regeln aber erst in der zweiten Jahreshälfte 2024, wenn die Budgetpläne für 2025 von Brüssel bewertet werden müssen.
In den vergangenen Jahren sind die Schuldenstände in Europa sehr deutlich gestiegen. Eigentlich gilt in der EU eine Obergrenze beim Haushaltsdefizit von drei Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung und 60 Prozent beim gesamten Schuldenstand. Gegen diese Vorgaben wurde in der Vergangenheit aber immer wieder verstoßen, ohne dass dies nennenswerte Konsequenzen gehabt hätte.
(Bericht von Jan Strupczewski und Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)