Berlin (Reuters) - Der Umgang mit dem Bundeshalt und der Schuldenbremse spaltet nicht nur die Politik, sondern auch die deutsche Ökonomenzunft.
Eine am Freitag veröffentlichte Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter 187 Professorinnen und Professoren der Volkswirtschaftslehre ergab, dass 48 Prozent der Volkswirte dafür sind, vorrangig Ausgaben zu kürzen, um die Lücken im Haushalt 2024 zu stopfen. 38 Prozent sehen dagegen einen Anstieg der Neuverschuldung als primären Weg zur Lösung der Haushaltskrise. "Die Präferenz der Befragten für Ausgabenkürzungen könnte eine Reaktion auf die Ausweitung der Staatsausgaben in den letzten Jahren sein", sagte Ifo-Forscher Niklas Potrafke.
Gespalten sind die Volkswirte auch in der Frage der Schuldenbremse. "Die bestehende und eine reformierte, investitionsbasierte Schuldenbremse erhalten ähnlich viel Unterstützung", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest dazu. "Einig sind sich die Befragten darin, dass die Schuldenbremse nicht ganz abgeschafft werden sollte." Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP berät seit dem weitreichenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November darüber, wie sie einige bisher im Klimafonds KTF und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) vorgesehene Subventionen im regulären Bundeshaushalt 2024 verankern kann. SPD und Grünen fordern dazu die erneute Aussetzung der Schuldenbremse, die FDP lehnt dies ab.
Eine größere Gruppe der Ökonomen will statt Ausgabenkürzungen einen Anstieg der Neuverschuldung als Lösung für die Haushaltslücke im kommenden Jahr sehen: Rund 15 Prozent fordern eine Reform oder Abschaffung der Schuldenbremse, um so Freiraum für Mehrausgaben zu schaffen. Weitere 18 Prozent wollen Sondervermögen zu Klima und Infrastruktur im Grundgesetz verankern. Fünf Prozent sprechen sich für ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse aus. Weitere fünf Prozent fordern Steuererhöhungen. Zudem wollen sieben Prozent andere Maßnahmen, vielfach eine Mischung aus Einsparungen und höheren Steuereinnahmen.
Rund zwei Drittel der Befragten unterstützen das Vorgehen der Bundesregierung, für das zu Ende gehende Jahr rückwirkend erneut eine Notlage zu beschließen und so die Schuldenbremse wieder auszusetzen. Dies sei der einzige Weg, um das Jahr kurzfristig mit einem verfassungsmäßigen Haushalt abzuschließen. Im Nachhinein könne man nicht mehr sparen. Alle Alternativen würden Unternehmen und Haushalte erheblich verunsichern und Klimaziele gefährden. 28 Prozent lehnen das Vorgehen ab.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)