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Tusk gewinnt Vertrauensfrage - "Polen wird Führung in EU zurückgewinnen"

13.12.2023
um 08:42 Uhr

- von Anna Koper

Warschau (Reuters) - Polens designierter Regierungschef Donald Tusk will sein Land zurück in die europäische Familie führen und die Ukraine weiter im Krieg gegen Russland unterstützen.

Sein Land werde ein starker Teil der Nato und ein starker Verbündeter der USA sein sowie eine Führungsposition in Europa erreichen, sagte Tusk bei der Vorstellung seiner Regierungspläne am Dienstag im Abgeordnetenhaus. Am Abend gewann er eine Vertrauensabstimmung im Parlament. Er erhielt 248 Stimmen, 201 Abgeordnete im Sejm votierten gegen ihn. Der ehemalige EU-Ratspräsident und bisherige Oppositionsführer hatte am Montag vom Parlament den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Er soll am Mittwoch als neuer Ministerpräsident vereidigt werden und dann als Regierungschef zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen.

Bei Deutschlands Nachbar kommt es nach acht Jahren Regierungszeit der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit Tusk zum Machtwechsel. Der 66-Jährige vom liberal-konservativen Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) will mit dem Dreier-Bündnis zusammen mit dem "Dritten Weg" und der "Neuen Linken" einen klar pro-europäischen Kurs fahren. Der bisherige Ministerpräsident Mateusz Morawiecki von der PiS verlor am Montag eine Vertrauensabstimmung. Mit der neuen Regierung könnte der jahrelange Streit zwischen der EU und Polen etwa über die umstrittene Justizreform und die Zuteilung von eingefrorenen EU-Mitteln in Milliarden-Höhe enden.

TUSK - HOLE "MILLIARDEN VON EUROS" AN EU-GELDERN ZURÜCK

Wer Polens Platz in der EU infrage stelle, schädige die Interessen des Landes. Ein isoliertes Polen sei größten Risiken ausgesetzt, sagte Tusk. "Polen wird seine Position als Führungskraft in der Europäischen Union wiedergewinnen." Tusk kündigte an, nach Brüssel zu fahren und letztlich "Milliarden von Euros zurückzuholen". Diese Gelder sind derzeit blockiert wegen eines Streits zwischen der vorigen Regierung und Brüssel über Rechtsstaatlichkeit und eine umstrittene Justizreform. Tusk war bereits von 2007 bis 2014 Ministerpräsident sowie von 2014 bis 2019 Präsident des Europäischen Rates. Er betonte, dass er gegen alle Änderungen der EU-Verträge vorgehen würde, die Polen benachteiligen würden. "Alle Versuche, Verträge zu ändern, die unseren Interessen zuwiderlaufen, kommen nicht infrage", erklärte Tusk im Parlament. "Niemand wird mich in der Europäischen Union übertrumpfen." Dies dürfte als klarer Appell an seine politischen Gegner der langjährigen Regierungspartei PiS gelten. Diese hatten ihm wiederholt vorgeworfen, europäischen Interessen über polnische zu stellen.

Tusk bekräftigte, Polen werde die Ukraine im Kampf gegen Russland unterstützten. "Wir werden (...) laut und entschieden die volle Mobilisierung der freien Welt, der westlichen Welt, fordern, um der Ukraine in diesem Krieg zu helfen." Noch im Laufe des Tages berät der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Washington mit US-Präsident Joe Biden über weitere Militär-Hilfen der USA, die derzeit im Kongress blockiert sind. Nur der vereinte Westen könne der Ukraine helfen, den Krieg gegen Russland zu gewinnen, sagte Tusk. Polen, das an die Ukraine grenzt, müsse sich darauf vorbereiten, sich selbst verteidigen zu können.

(Weitere Reporter: Alan Charlish und Pawel Florkiewicz. Geschrieben von Klaus Lauer. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)