Berlin (Reuters) - Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz in Dubai stoßen bei Experten, Umweltverbänden und in der Wirtschaft auf ein geteiltes Echo. "Die COP28-Klimakonferenz war reines Greenwashing", sagte die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch. "Es ist kein 'historisches Paket', wie der Konferenzpräsident behauptet ? weder im positiven noch im negativen Sinne." Eine Abkehr statt ein Ausstieg aus fossilen Energien sei offenbar der maximal zu erreichende Minimalkonsens der Weltstaatengemeinschaft. Es würden zu viele Schlupflöcher und Hintertüren offengelassen, damit weiterhin fossile Energien genutzt werden könnten. Nur eine Verpflichtung zum sofortigen Ausstieg aus fossilen Energien hätte dazu führen können, dass die Klimaziele erreicht werden. "Mit dieser Einigung wird das 1,5-Grad-Ziel kaum mehr erreichbar sein", sagte Kemfert mit Blick auf die angestrebte Begrenzung der globalen Erhitzung.
Positiver äußert sich der World Wide Fund For Nature (WWF). "Die Zeit, unbegrenzt Öl ins Feuer zu gießen, ist vorbei", sagte die Klimachefin beim WWF Deutschland, Viviane Raddatz. Auf der Klimakonferenz sei es gelungen, auch die Öl- und Gasstaaten zu einer Zusage zur Abkehr von den fossilen Energien zu bewegen. "Damit wurde erstmals das Kernproblem der Klimakrise benannt, nachdem Jahrzehnte lang auf dem internationalen Parkett darum herumgetänzelt wurde", sagte Raddatz. "Das ist ein immens wichtiges Signal ? auch gegen die Erschließung neuer Öl- und Gasquellen."
"SIGNAL AN INVESTOREN UND MÄRKTE"
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in der Einigung ein positives Signal. "Der internationale Klimaschutz dürfte dadurch weiter an Fahrt gewinnen", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. "Insbesondere das Bekenntnis zum schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz kann deutschen Technologieanbietern weltweit neue Chancen eröffnen." Wenn fossile Energien überall teurer werden, nütze das nicht nur dem Klima. Es begrenze auch die Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen weltweit.
"Das Ergebnis dieser Klimakonferenz ist auch ein Signal an Investoren und Märkte", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Thilo Brodtmann. Der Wandel gehe weiter. Die Transformation sei eine stabile Basis für Investitionen in Technologien, Märkte und Infrastrukturen. "Das ist auch für den Maschinen- und Anlagenbau wichtig, weil wir die Weltmarktperspektive für unsere Lösungen brauchen", sagte Brodtmann.
"Die Vereinbarungen auf der Klimakonferenz müssen jetzt von konsequentem politischem Handeln begleitet werden", forderte die Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel. Der Klimaclub, den die Bundesregierung auf den Weg gebracht habe, biete hier einen ganz wesentlichen Ansatzpunkt. "Daneben können sektorale Handelsabkommen, wie sie gegenwärtig zwischen der EU und den USA verhandelt werden, eine wichtige Rolle einnehmen." Mit großer Besorgnis sehe die hiesige Branche, dass gegenwärtig insbesondere in Asien massive Investitionen in kohlebasierte Stahlkapazitäten auf den Weg gebracht würden.
"MILLIONEN BETROFFEN"
Die Hilfsorganisation Care sieht Licht und Schatten. Die Abschlusserklärung lasse hoffen, dass die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden könne. Sie zeige aber zu wenig konkrete Maßnahmen auf, wie dies erreicht werden soll. "Selbst wenn die vorliegenden Bestimmungen vollständig umgesetzt würden, wären Millionen Menschen im Globalen Süden immer noch mit Überschwemmungen, Bränden und Hungersnöten konfrontiert und stünden am Rande einer Klimakatastrophe", sagte der klimapolitische Leiter von Care International, Sven Harmeling.
Die Weltklimakonferenz in Dubai hat erstmals eine Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas festgeschrieben, um die Erderwärmung zu begrenzen. Das geht aus dem Abschlussdokument hervor, auf das sich fast 200 Staaten bei der COP28 in Dubai nach zweiwöchigen Verhandlungen am Mittwoch verständigten. Der Präsident der Konferenz, Sultan al-Dschaber von den Vereinigten Arabischen Emiraten, nannte die Einigung "historisch".
(Bericht von Rene Wagner, Tom Käckenhoff, redigiert von Sabine Wollrab - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)