- von Daniela Pegna
Frankfurt (Reuters) - Der Dax kennt kein Halten mehr: Die Hoffnung auf bald sinkende Zinsen in den USA und im Euroraum hat den deutschen Leitindex am Donnerstag das erste Mal in seiner 35-jährigen Geschichte über die Marke von rund 17.000 Punkten getrieben.
In der Spitze kletterte er um 1,4 Prozent auf 17.003,28 Zähler. Das sei die Krönung eines Börsenjahres, das mit einem Plus von über 20 Prozent bislang schon sehr stark ausgefallen sei, sagte Jürgen Molnar vom Börsenmakler RoboMarkets.
Für Euphorie sorgte am Donnerstag vor allem der Zinsausblick der US-Notenbank Fed vom Vorabend. Fed-Chef Jerome Powell signalisierte baldige Zinssenkungen, nachdem die Währungshüter den geldpolitischen Schlüsselsatz zum dritten Mal in Serie in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen hatten. Im Mittel gehen die Notenbanker davon aus, dass der Leitzins nächstes Jahr um 0,75 Prozentpunkte nach unten gehen wird.
Für die Anleger seien die Ergebnisse der Fed-Sitzung ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk, sagte Jochen Stanzl vom Finanzdienstleister CMC Markets. "Sollte es tatsächlich zu einer Rezession in den USA kommen, wird die Fed alles in ihrer Macht stehende tun, um diese abzuwenden, inklusive drastischer Zinssenkungen. Das wittert die Börse und steigt." Bei fallenden Zinsen werden Kredite günstiger, die Firmen können leichter in ihr Wachstum investieren und der Konjunkturoptimismus steigt.
DOW JONES SCHLIESST AUF ALLZEITHOCH
Die Zinssenkungsfantasien der Investoren beflügelten auch die Wall Street, der Dow Jones schloss am Mittwoch auf einem Allzeithoch. Bergab ging es dagegen für die US-Währung. Der Dollar-Index fiel mit 102,42 Punkten auf den tiefsten Stand seit Mitte August. Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt waren vor allem die Immobilienwerte gefragt, die wegen höherer Refinanzierungskosten besonders unter dem Zinserhöhungsmarathon der Notenbanken gelitten hatten. Vonovia standen mit einem Plus von zeitweise mehr als zehn Prozent an der Dax-Spitze. Im MDax legten Aroundtown Properties und LEG Immobilien neun und sieben Prozent zu. Der europäische Branchenindex kletterte um 5,4 Prozent. Das Nachsehen hatten die Finanz- und Versicherungswerte. Die Titel der Hannover Rück und der Commerzbank notierten im Dax drei beziehungsweise 2,2 Prozent schwächer.
SPIELT LAGARDE DEN WEIHNACHTSENGEL?
Ob der Dax weiter ungebremst nach oben geht, dürfte laut Experten nun von der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am frühen Nachmittag abhängen. Auch hier haben Investoren hohe Erwartungen und setzen auf Signale einer baldigen Zinssenkung. Am Finanzmarkt wird angesichts einer zuletzt deutlich abebbenden Inflation bereits auf eine erste Zinssenkung im März 2024 gewettet. "Sollte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, heute ebenfalls den Weihnachtsengel spielen und die Zinswende in der Euro-Zone noch vor dem Fest offiziell einläuten, dürften auch die letzten Bären vom Parkett vertrieben werden", sagte Molnar. Die Dax-Rally könnte sich damit ungehindert fortsetzen.
(redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)