Reuters

Börsen geht zum Wochenschluss die Puste aus

15.12.2023
um 16:22 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Anleger an den Börsen sind zum Wochenschluss nur mit angezogener Handbremse unterwegs.

Der Dax notierte am Freitagnachmittag knapp im Minus bei 16.722 Punkten. "Mit dem gestrigen Sprung über die 17.000 hat der Deutsche Aktienindex nicht nur ein neues Allzeithoch erreicht, sondern auch die Hürde genommen, die die meisten Anleger auf dem Parkett vor wenigen Wochen noch für unüberwindbar hielten", sagte Jürgen Molnar, Analyst vom Broker RoboMarkets. "Kein Wunder also, dass nun erst einmal Gewinnmitnahmen einsetzen und der Index kurzfristig erste Anzeichen der Schwäche zeigt." Der EuroStoxx50 trat mit 4543 Zählern ebenfalls mehr oder weniger auf der Stelle. Auch die Futures für die wichtigsten US-Indizes pendelten um die Null-Marke.

Die Zinseuphorie der Anleger nach dem jüngsten Entscheid der US-Notenbank Fed hatte eine Börsenrally am Mittwoch und in den ersten Handelsstunden vom Donnerstag ausgelöst. Die Währungshüter signalisierten, dass sie bereits Schritte nach unten für 2024 ins Auge fassen. Diese Entwicklung sei Analysten zufolge allerdings größtenteils eingepreist.

FED STELLT ZINSSENKUNGEN IN AUSSICHT - EZB BLEIBT "HAWKISCH"

Ähnlich erlösende Worte hinsichtlich einer baldigen Zinswende habe man sich am Markt zudem auch von EZB-Präsidentin Christine Lagarde erhofft, sagte Christian Henke vom Broker IG. "Doch die EZB-Chefin blieb eisern und erteilte den Forderungen nach einer Zinssenkung eine klare Abfuhr."

Die EZB hatte am Donnerstag wie schon im Oktober den Leitzins bei 4,50 Prozent belassen. Zinssenkungen seien nicht besprochen worden, erklärte Lagarde. Viele Anleger spekulierten dennoch weiter auf frühe Zinssenkungen im Jahr 2024, schrieben die Analysten der Helaba in einem Kommentar. Befeuert wird dies auch durch Wirtschaftsdaten, die auf eine Beschleunigung der Konjunktur-Talfahrt im Euro-Raum hindeuten. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft - Industrie und Service-Sektor zusammen - sank im Dezember von 47,6 auf 47,0 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global mitteilte. Von Volkswirte hatten mit einem Anstieg auf 48,0 Punkte gerechnet. Das Barometer zeigt erst über 50 Punkten Wachstum an.

Der Euro fiel um 0,6 Prozent auf 1,0914 Dollar. Der Dollar-Index notierte mit 102,438 Zählern nach seinen jüngsten Verlusten ein halbes Prozent im Plus.

HEXENSABBAT SORGT FÜR SCHWANKENDE KURSE

Unter den Einzelwerten machte sich der große Verfallstermin bemerkbar, zu dem die Kurse üblicherweise stark schwanken, weil Investoren die Preise jene Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen. Am so genannten Hexensabbat verfallen im Tagesverlauf Futures und Optionen auf Indizes sowie Optionen auf einzelne Aktien.

Zu den größten Gewinnern im Dax zählten unter anderem Zalando und Mercedes Benz. Die Aktien, die auf Jahressicht dem Gesamtmarkt deutlich hinterherhinken, rückten um knapp drei beziehungsweise 1,7 Prozent vor.

Auf Talfahrt gingen dagegen Symrise, die kurz vor Jahresende leichte Abstriche an ihrer Gewinnprognose machten. Das sei keine allzu überraschende Entwicklung für 2023, nehme für das neue Jahr aber ein bisschen die Zuversicht, heißt es in einer Kurzstudie von Baader Helvea. Die Papiere des Duftstoff- und Aromenherstellers rutschten um sechs Prozent ab.

An der Mailänder Börse belastete die angekündigte Übernahme von Courvoisier durch Campari die Aktien des italienischen Spirituosenkonzerns. Die Titel verloren drei Prozent. Der Konzern will den Konzernumsatz durch die 1,2-Milliarden-Dollar teure Akquisition um neun Prozent, den Gewinn pro Aktie um zwei Prozent steigern. Auf kurze Sicht dürfte jedoch erst einmal die Bruttogewinnmarge der Gruppe leiden, da Courvoisier weniger profitabel ist als der Rest des Markenportfolios von Campari.

(Bericht von Daniela Pegna und Zuzanna Szymanska.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)